Der ewige Schandfleck

Meinung · Das vor zehn Jahren eingerichtete Gefangenenlager Guantanamo hat George W. Bush den USA eingebrockt. Der wenig geachtete Ex-Präsident schuf auf Kuba einen rechtsfreien Raum, in dem Menschen willkürlich ohne Anklage festgehalten werden konnten und in dem - zumindest in den ersten Jahren - nach Berichten von Betroffenen Folter und Misshandlungen an der Tagesordnung waren

Das vor zehn Jahren eingerichtete Gefangenenlager Guantanamo hat George W. Bush den USA eingebrockt. Der wenig geachtete Ex-Präsident schuf auf Kuba einen rechtsfreien Raum, in dem Menschen willkürlich ohne Anklage festgehalten werden konnten und in dem - zumindest in den ersten Jahren - nach Berichten von Betroffenen Folter und Misshandlungen an der Tagesordnung waren. Die Bilder der Gefangenen in ihren orangefarbenen Overalls mit Augenbinden und Fußfesseln gingen um die Welt - und stehen bis heute wie das Lager selbst stellvertretend für die Fehltritte der Bush-Regierung beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus.Ausgerechnet die Vereinigten Staaten, die sich sich ohne Unterlass rühmen, eine von Gesetzen definierte Demokratie und damit ein globales Vorbild zu sein, leisten sich durch diese Perversion der Justiz eine Schwäche, die radikale islamische Gruppen nach wie vor dankbar als hilfreiches Motivations- und Rekrutierungsinstrument ausnutzen.

Bushs Nachfolger Barack Obama war sich der offenen Wunde in der Flanke der Weltmacht bewusst - und wollte alles anders machen. "Ich will keinerlei Zweifel daran lassen: Wir werden Guantanamo innerhalb eines Jahres schließen", versprach er unmittelbar nach seinem Einzug ins Weiße Haus im Januar 2009. Diese Zusage hat Obama gebrochen - und damit eine große Chance vertan, das weltweite Ansehen der Weltmacht und sein persönliches Renommee zu steigern. Dass er gestern nun erklären ließ, er halte weiter am Schließungs-Ziel fest, klingt wenig glaubwürdig. Denn wäre es ihm wirklich ernst, so hätte er am Silvestertag jenes neue Militär-Gesetz mit einem Veto aushebeln können, das unter anderem vorsieht, dass Verdächtige weiter ohne zeitliche Beschränkung festgehalten werden können und dass keine Steuergelder für den Gefangenentransfer von Guantanamo auf das amerikanisches Festland verwendet werden dürfen.

Natürlich hatte Obama gegen den Widerstand vor allem der Republikaner im Kongress zu kämpfen. Natürlich zeigten sich die Verbündeten - darunter auch die Bundesregierung in Berlin - wenig erfreut, als es plötzlich ganz konkret um die Aufnahme von Gefangenen ging. Doch das ändert nichts daran, dass Obama bei all jenen fest im Wort stand, die Guantanamo als Schandfleck ansehen. Zudem: In den ersten beiden Jahren im Weißen Haus hatte der Präsident eine deutliche Mehrheit im Kongress und damit alle Möglichkeiten, sein Versprechen Wirklichkeit werden zu lassen.

"Yes, we can!" Dieser Schlachtruf sollte Obamas politische Aktionen prägen. Doch für das einzigartige, von den USA verwaltete Insel-Gefängnis gilt diese Losung eindeutig nicht.

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