Die große Chance der SPD

Meinung · Mit der von mancher Seite als überhastet angesehenen Beendigung des Jamaika-Bündnisses hat Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) das Heft des Handelns aus der Hand gegeben. Sie hat es der SPD überreicht und deren Landesvorsitzenden Heiko Maas damit ins Zentrum des Interesses gerückt

Mit der von mancher Seite als überhastet angesehenen Beendigung des Jamaika-Bündnisses hat Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) das Heft des Handelns aus der Hand gegeben. Sie hat es der SPD überreicht und deren Landesvorsitzenden Heiko Maas damit ins Zentrum des Interesses gerückt. Der von Oskar Lafontaine ge- und beförderte ehemalige Juso-Chef sauert seit zwölf Jahren auf der Oppositionsbank im Landtag vor sich hin. Und jetzt plötzlich bietet sich ihm eine Chance, wie sie nicht alle Tage kommt im politischen Leben.Junior-Partner in einer großen Koalition, die von einer Chefin geführt wird? Oder Neuwahl des Landtags mit der realistischen Möglichkeit, das lange erstrebte Amt des Ministerpräsidenten selbst zu übernehmen? Zur Erinnerung: Beim jüngsten "Saarland Trend" des SR Mitte November 2011 lag die SPD drei Punkte vor der CDU. Daran dürfte sich nicht allzu viel geändert haben.

Aus SPD-Sicht spricht einiges für Neuwahlen, auch aus Gründen der Glaubwürdigkeit: Zwölf Jahre lang ließ Maas an der regierenden CDU kein gutes Haar. Die Logik, mit dem bisherigen Objekt der Beschimpfung nun ohne Not eine Partnerschaft einzugehen, wird sich deshalb nicht jedem Genossen erschließen. Hinzu kommt: Mit einer Koalition unter Führung der CDU würde Maas das von seinen Kritikern transportierte Image bestätigen, es fehle ihm an Entschlossenheit und Machtwillen. Am schwersten aber wöge der Umstand, dass schon im kommenden Jahr die Vorbereitungen für die Wahlen 2014 beginnen. Es würde ein schwieriges Unterfangen, wirksam Wahlkampf zu führen gegen einen politischen Gegner, mit dem man ansonsten für das Wohl des Landes kooperieren soll.

Gleichwohl verhält sich die SPD richtig, wenn sie das Gesprächsangebot der CDU annimmt. Demokratische Parteien müssen immer gesprächsfähig sein. Ob das Vorgehen von Maas taktisch motiviert ist oder ob er sich aus innerer Überzeugung dazu entschlossen hat, ist nicht bekannt. Tatsächlich gibt es aber auch gute Gründe für einen fliegenden Wechsel, und zwar für beide Seiten: Die CDU könnte weiterhin die Regierungschefin stellen, mitsamt der Richtlinien-Kompetenz; und die SPD käme nicht in Versuchung, über eine mögliche Koalition mit der Linkspartei von Oskar Lafontaine nachdenken zu müssen.

Wie immer sich die Gremien der SPD auch entscheiden: Die politischen Auswirkungen werden beträchtlich sein. Auch in Berlin wird aufmerksam beobachtet werden, welchen Weg die Saar-Genossen einschlagen. Wer das Interesse des Landes im Auge hat, der muss jedenfalls dafür plädieren, dass im Saarland langfristig stabile Verhältnisse einkehren.

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