Glosse Durchblick

Wer eine Brille trägt, denkt oft, es handele sich um eine Sehhilfe. Doch das Gegenteil ist der Fall. Denn Brillenträger nutzen ihr Nasenfahrrad oft dazu, die Welt nicht ganz genau zu sehen.

So korrigieren die Gläser zwar eine angeborene oder erworbene Sehschwäche. Das aber wird meistens dadurch konterkariert, dass sie ziemlich schmutzig sind. Bei jedem Nachobenschieben des Gestells kommen Fingerabdrücke auf die Brille, getuschte Wimpern stoßen von innen gegen die Gläser, und der gesamte Dreck der Außenwelt setzt sich in kleinen Teilen dort ab. Vermutlich könnte sogar die aktuelle Feinstaub-Belastung ganz Europas für juristische Verfahren der Deutschen Umwelthilfe aus dem Brillendreck eines einzigen Glases rekonstruiert werden. Und aus Gleitsichtbrillen werden oft Gleitfilmbrillen.

Natürlich kann regelmäßiges Putzen diesen Normalzustand der Brille für sehr kurze Zeit unterbrechen. Aber gerade das ist oft nicht ratsam. Denn in diesen wenigen Minuten hat der Brillenträger den totalen Durchblick, beobachtet seine Mitmenschen völlig ungetrübt – und fasst sich nur noch an den Kopf. Mitten auf die Brille.

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