„Was will man mehr?“

Saarbrücken · „Ich hatte gute Lehrer, und alles ist mir leicht gefallen“ – so einfach ist es manchmal. Der Saarbrücker Cellist Gustav Rivinius ist international bekannt; nun erhält er den alle zwei Jahre vergebenen Kunstpreis des Saarlandes, dotiert mit 7500 Euro. Wir haben mit Rivinius über seine Arbeit gesprochen.

 Cellist Gustav Rivinius. Foto: wildundleise

Cellist Gustav Rivinius. Foto: wildundleise

Foto: wildundleise

Eine Familie mit sechs Söhnen - das wäre schon eine Geschichte für sich. Hier aber geht es nur um einen von ihnen: den saarländischen Cellisten Gustav Rivinius, der morgen mit dem Kunstpreis des Saarlandes ausgezeichnet wird. Verheiratet ist er mit einer Cellistin, eine Tochter haben sie und zwei Söhne.

In seiner Biografie stutzt man gleich zu Anfang: Er habe mit sechs Jahren zu spielen begonnen. Wie kommt ein Sechsjähriger ans Cello? Ganz einfach, antwortet er lachend: Die drei älteren Brüder spielten Instrumente, einer Geige, einer Klavier, einer Cello. Ein Flügel stand in der Wohnung, aber da brauchte man nur eine Taste zu drücken, das langweilte den kleinen Gustav. Geige gefiel ihm auch nicht - "dieses fizzelige Ding". Aber ein Cello war größer, das fand er gleich interessant. Und der Klang war so schön! Die Eltern, selber musikalisch aktiv, stimmten schließlich zu, und verschiedene Lehrer begannen ihre Arbeit: Ulrich Voss und Claus Kanngiesser in Saarbrücken, David Geringas in Lübeck, Zara Nelsova an der Juilliard School in New York und zuletzt Heinrich Schiff in Basel, wo Rivinius mit dem Solistendiplom abschloss. Das alles bringt Gustav Rivinius in seiner entwaffnend heiteren Art auf den kürzesten Nenner: "Ich hatte gute Lehrer, und alles ist mir leicht gefallen. Und das Publikum fand es gut - was will man mehr?"

Klingt unsensationell. Aber dann kam wirklich eine Sensation: Als bisher einziger deutscher Musiker wurde Rivinius in Moskau mit dem 1. Preis und der Goldmedaille des Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerbs 1990 ausgezeichnet. Der damals 24-Jährige erhielt zudem den Sonderpreis für die beste Interpretation eines Tschaikowsky-Werkes. Und das in Moskau! Seither konzertiert er auf der ganzen Welt mit führenden Orchestern, Dirigenten und Musikern.

Auch hier schränkt er ein: "Nur Sonatenabende und immer die gleichen fünf großen Werke für Cello mit Orchester ‚rauf und runter' spielen, das wäre musikalisch nicht so interessant." Darum spielt er auch viel Zeitgenössisches - kürzlich erst Dutilleux mit der Deutschen Radiophilharmonie. Und Kammermusik. Da ist einmal das Klavierquartett mit den drei Musikern unter seinen Brüdern (die beiden anderen sind Ärzte). Wobei bei ihren Konzerten hörbar wird, dass die von Rezensenten gern beschworene brüderliche Einheit durchaus auch vier individuelle Musikerpersönlichkeiten zulässt. Er schwärmt von den "phantastischen" Möglichkeiten von Kammermusikfestivals auf höchstem Niveau wie "Spannungen" in Heimbach in "Deutschlands schönstem Jugendstilkraftwerk" (Eigenwerbung) mit musikalischen Freunden wie Christian Tetzlaff, Antje Weithaas, Isabelle Faust. "Da gehts wirklich um die Musik!"

Kammermusik macht auch den größten Teil seiner neuen CDs aus, darunter die drei großen Klarinettenquintette von Mozart, Brahms und Reger mit Sharon Kam, aber auch Ungewohntes: So enthält seine erfolgreiche CD "Mozart con tromba" auch das Konzert für Flöte, Harfe und Orchester, eingerichtet für Trompete, Klavier und Streichtrio. Für den Cellisten keine große Aufgabe, "aber schön, weil das bekannte Musik aus einer ganz anderen Perspektive beleuchtet." Mit Freude berichtet er von "sehr guten Besprechungen".

Gleich nach unserem Gespräch beginnt in der Saarbrücker Musikhochschule, wo er als Professor unterrichtet, ein Vortragsabend seiner Studenten. Tags drauf muss er nach Italien für ein Konzert mit dem von ihm gegründeten Bartholdy-Quintett. Also schnell noch die unvermeidliche Frage nach seinem Instrument: "Ein Giovanni Grancino von 1712, das ich seit über 25 Jahren spiele. Ich hab mich damals unglaublich in Schulden gestürzt, aber jetzt ist es mein Eigentum!"

Den Kunstpreis empfindet er dankbar als eine große Ehre. "Und er kam aus heiterem Himmel! Da war ein Anruf aus dem Kultusministerium, meinem Arbeitgeber, und zuerst dachte ich: Was habe ich denn nun schon wieder ausgefressen?" Sein grundlegendes Motto: "Ich versuche bei jedem Konzert und jedem Unterricht mein Bestes zu geben, das ist es, was mich antreibt, und wenn die Leute das gut finden, dann freue ich mich natürlich - aber ich möchte das vor allem selbst gut finden. Das nächste Konzert noch besser spielen, als das letzte: Das ist das Wichtigste."

 Familienbande – die vier Rivinius-Brüder von links: Siegfried (vorne), Benjamin, Paul und Gustav. Foto: Musik & Theater Saar

Familienbande – die vier Rivinius-Brüder von links: Siegfried (vorne), Benjamin, Paul und Gustav. Foto: Musik & Theater Saar

Foto: Musik & Theater Saar

Der Kunstpreis wird morgen um 11 Uhr in der Hochschule für Musik Saar (HfM) in Saarbrücken verliehen.

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