Präzise schießen, ehrenvoll sterben

Saarbrücken · Vor einem Jahr hat „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ die „Krieg der Sterne“-Saga wiederbelebt. Der Film „Rogue One“ ist nun keine Fortsetzung, sondern erzählt die Vorgeschichte des ersten „Star Wars“-Films von 1977: wie die Rebellen die Pläne des Todessterns des bösen Imperiums erbeuten. Das ist technisch versiertes Trick-Kino, in dem mehr geschossen wird als üblich.

Es ist schon ein paar Jahre her, seit an dieser Stelle der Begriff "Spin-off" erläutert wurde. Ein solches wäre gegeben, wenn Karl May eine Nebenfigur aus den Winnetou-Romanen (Fährtenleser Sam Hawkins etwa oder den englischen Lord Castlepool) zum Helden einer eigenen Buchreihe gemacht hätte. Natürlich ist ein Spin-off auch im Film möglich. Hollywood war dabei schon in frühen Jahren nicht zimperlich. Bei den "Star Wars"-Filmen etwa gab es bereits nach der ersten Trilogie ein Spin-off mit den beiden Ewoks-Filmen.

Runde 30 Jahre später kommt nun ein "Star Wars"-Film heraus, der ebenso gut Episode Dreieinhalb hätte heißen können, weil er unmittelbar vor Episode Vier angesiedelt ist, allerdings andere Figuren ins Spiel bringt und wieder heraus kegelt, denn das eine steht fest - es wird keine Fortsetzung geben zu "Rogue One".

Das Imperium bereitet den Erstschlag vor. Rebellen wollen das verhindern. Das ist in groben Zügen das Handlungsgerüst für zwei Stunden Science-Action-Fantasy, in denen viel geredet, aber auch noch mehr als üblich geschossen wird. "Star Wars", diese Geldruckmaschine in Bewegtbild, Kostümverleih und Spielzeugverkauf, überbrückt die Wartezeit auf die achte Episode mit einem Infotainment-Blick zurück in die Zeiten, als Darth Vader noch die Fäden des Imperiums knüpfte und die Macht im Universum beschlossene Sache schien, weil man mit dem Todesstern eine Waffe vor der Vollendung hatte, die in der Lage war, ganze Planeten auszulöschen. Das Problem war, dass wichtige Daten, die Aufschluss gaben über die eine Schwachstelle im Todesstern, in die Hände von Prinzessin Leia gelangten. Wer schon immer wissen wollte, wie es dazu kam, erfährt nun die Aufklärung.

Die Schlüsselfigur im Spiel ist eine junge Frau (verkörpert von der schönen Engländerin Felicity Jones) mit Namen Jyn Erso. Sie ist die Tochter von Galen Erso (sehr ehrenwert: Mads Mikkelsen), Chefentwickler des Todessterns, und eine auf Krawall gebürstete Gesetzlose. Rebellen befreien Jyn Erso aus dem Gefängnis und schicken sie mit dem Agenten Cassian Andor (blass: Diego Luna) und einem Androiden los, um die Geheimnisse des Todessterns zu erkunden. Dafür aber muss man erst mal an Orson Krennick (Ben Mendelsohn), dem Militärdirektor des Imperiums, vorbei.

Wieder einmal sitzt man und staunt, mit welch' edlem Ernst ein im Kern sehr simples Märchen zum Epos um Vernichtung, Hoffnung, Befreiung aufgerüstet wird. Um große Gesten und Sätze war man bei "Star Wars" noch nie verlegen; außerdem war man stets lässig drauf, wenn es darum ging, einen Gegner aus dem Bild zu ballern. Die Guten dürfen das, und sie benehmen sich dabei wie Cowboys oder Marines. Man schießt präzise und stirbt ehrenvoll. Wie sich das gehört, fließt dabei kein Tropfen Blut. Denn "Star Wars" ist zuerst und vor allem Kinderkino. Für die Macher dieses Films bedarf es keiner Fantasie, wie große Augen gebannt zur Leinwand hinaufstarren und im Geiste mit Tastatur und Controller schon mal testweise die rasanten Flugmanöver, Kampf- und Klettereinlagen mitspielen. Mitzudenken gibt es dagegen wenig. Dies ist ein Spaßprodukt für die Fans, die die Biografien von Han Solo und Darth Vader besser kennen als die eigene und bei jedem noch so kleinen Verweis auf die früheren Filme wissende Blicke tauschen.

Technisch spielt der Film auf höchster Ebene, was bei einem vorgeblichen Produktionsbudget von 200 Millionen Dollar auch erwartet werden darf. Manches befremdet - wie etwa die Stadt der Gesetzlosen, die wie ein arabischer Bazar in Szene gesetzt ist und als Testobjekt des Todessterns in aufregend schönen Bildern der sauberen Vernichtung per Knopfdruck ausgelöscht wird.

Auch Menschen wurden für die Produktion geglättet und versäubert. Carrie Fisher hat einen Gastauftritt als junge und garantiert faltenfreie Leia und der 1994 verstorbene Peter Cushing kehrt von den Toten zurück für einen recht umfangreichen Auftritt als Grand Moff Tarkin. Bei Disney, wo man mittlerweile alle Rechte an "Star Wars" in Händen hält, gehört es schon seit Jahren zum guten Ton, Schauspieler so zu formen, wie es für die angestrebte Zielgruppe am besten ist. Die Kinder dieser Welt werden dankbar dafür sein.

"Rogue One" läuft ab morgen in den meisten Kinos der Region.

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