"Ich schäme mich für diese Leute"

Was halten Sie denn von unserem neuen Bundespräsidenten?Hoffmann: Ich hätte gedacht, er kriegt das besser hin, denn wie man in Deutschland so sagt: "Er ist doch nett". Ich hätte halt gedacht, da käme mehr. Wir bewegen uns durch die schwarz-gelbe Koalition momentan in einem Raum, wo diese Vokabel "nett sein" schon ein Prädikat ist

 Klaus Hoffmann, ein Freund der Eleganz. Foto: Jim Rakete

Klaus Hoffmann, ein Freund der Eleganz. Foto: Jim Rakete

Was halten Sie denn von unserem neuen Bundespräsidenten?

Hoffmann: Ich hätte gedacht, er kriegt das besser hin, denn wie man in Deutschland so sagt: "Er ist doch nett". Ich hätte halt gedacht, da käme mehr. Wir bewegen uns durch die schwarz-gelbe Koalition momentan in einem Raum, wo diese Vokabel "nett sein" schon ein Prädikat ist. Eine 50er-Jahre-Haltung, die man aufbrechen muss. Denn es ist wertvoll, jemanden zu ertragen, der vielleicht ein Querdenker ist.

In Interviews attackieren Sie diese neue schwarz-gelbe "Nettigkeit", nicht aber in Ihrer Kunst - warum nicht?

Hoffmann: Die Bereitschaft, in meinen Liedern konkreter zu werden, habe ich mir schon vor Jahrzehnten verboten, weil mir das zu beliebig ist. Stattdessen versuche ich zu thematisieren, was mir wirklich wichtig ist, und meine eigene Biografie in meinen Liedern aufzuarbeiten: Was geht in mir vor?

Dennoch: Warum Kritik nicht auf der Bühne äußern?

Hoffmann: Realpolitisches Zeug zu singen, wie es meine Kollegen manchmal taten und tun, wäre mir peinlich. Manchmal schäme ich mich sogar für solche Leute. So etwas lässt man anders in seine Texte einfließen, eher als Ermunterung, aufzustehen und einzugreifen.

Doch auch das ist in Deutschland immer seltener zu hören - sind Liedermacher eine aussterbende Spezies? Man sieht vor allem Casting-Show-Teilnehmer, die nun wirklich nicht die Welt verändern wollen, sondern nur aufs große Geld hoffen.

Hoffmann: Ich werde einen Teufel tun, wie ein alter Sack zu proklamieren, dass diese Typen Schrott sind. Nur: Warum entstehen denn solche Typen wie diese pummelige Hausfrau, die das hohe C trifft, und dann liegt ihr ganz England zu Füßen? Dahinter steckt doch eine uralte, kitschig-sentimentale Sehnsucht: Ich fahre mit dem großen Hollywood-Produzenten im Aufzug, er erkennt mein Können und morgen spiele ich in "Lawrence von Arabien".

Beunruhigt es Sie , dass Ihr Publikum mit Ihnen altert? Oder direkt gefragt: Wünschen Sie sich gelegentlich mehr jüngere Fans?

Hoffmann: Da ich ja langsam in ein weiseres Lebensfeld rutsche, verbiete ich mir solche Wünsche. Aber zum Glück werde ich inzwischen auch wieder im Funk gespielt, was mir hilft.

Im Konzert wollen viele Fans alte Lieder hören. Stört Sie das?

Hoffmann: Das ist bei jedem Künstler so, doch davor habe ich keine Angst, dazu bin ich zu forsch - diese Nostalgiker nehme ich schon mit. Ein Rock'n'Roller hat mir mal gesagt: Es gibt zwei Regeln. Erstens: Mach, was du willst. Und zweitens: Zeig mal den Leuten wieder, was sie wollen. Im Grunde mache ich immer denselben Tobak und erzähle von einem Typen, der rausgeht in die Welt, um sich zu finden. Der sagt: "Da bin ich bin, guck' mich an und find' mich gut".

Wie gut finden Sie es denn, dass Sie im nächsten Jahr 60 Jahre alt werden?

Hoffmann: Das ist eine ganz schwere Sache: Wie wird man alt? Frauen sind da gewitzter, die können damit umgehen. Wir Männer indes haben schon Mühe, darüber zu reden. Ich glaube aber, es kommt darauf an, sich selber zu mögen und zu sagen: Ich stehe dazu - und das fällt mir oft schwer. Denn dazu bin ich dann doch zu ehrgeizig und zu eitel. Auf der Bühne gelingt mir das, aber im Leben ist das nicht ganz so einfach.

Da droht immer auch die Gefahr der Berufsjugendlichkeit.

Hoffmann: Damit muss ich dann leben. Einst war ich ein junger, narzisstisch geprägter, toll aussehender Typ, verwöhnt durch meine Theatererfolge und den Film "Die neuen Leiden des jungen W." - nun wird dieser Typ älter. Mein Programm "Das süße Leben" soll diese Lebensgeschichte mit großem Tralala und kleiner Gitarre noch einmal erzählen, allerdings nicht mit einer verbitterten, sondern mit einer positiven Grundhaltung.

Dann ließe sich also die Frage "Was bleibt?" - um den Titel eines Ihrer frühen Alben aufzugreifen - nach sechs Lebensjahrzehnten ganz einfach beantworten: Das süße Leben...

Hoffmann: Ja, das wäre toll. Ist Ihnen das zu positiv?

Konzert: 26. November, Congresshalle Saarbrücken.

Tel. (06 81) 988 08 80.

 Klaus Hoffmann, ein Freund der Eleganz. Foto: Jim Rakete

Klaus Hoffmann, ein Freund der Eleganz. Foto: Jim Rakete

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