Eigenbedarf: Kündigungsgrund schlechthin

Bad Münstereifel. Der Mieter fühlt sich wohl in seiner Bleibe, das Verhältnis zum Vermieter ist unbelastet - und dann das: Kündigung wegen Eigenbedarfs. Für Mieter ist sie eine Hiobsbotschaft. Eigenbedarf ist der häufigste Kündigungsgrund. Keine Vermieterpost ist für Mieter ärgerlicher als die, die ankündigt, der Eigentümer brauche die Wohnung bald selbst

Bad Münstereifel. Der Mieter fühlt sich wohl in seiner Bleibe, das Verhältnis zum Vermieter ist unbelastet - und dann das: Kündigung wegen Eigenbedarfs. Für Mieter ist sie eine Hiobsbotschaft. Eigenbedarf ist der häufigste Kündigungsgrund. Keine Vermieterpost ist für Mieter ärgerlicher als die, die ankündigt, der Eigentümer brauche die Wohnung bald selbst. Vor allem Mieter, die bei "Hobby-Vermietern" und Erbengemeinschaften unterkommen, müssen die Kündigung früher oder später fürchten. Mieter in großen Wohnanlagen, die in der Hand kommunaler Immobilienfirmen, Genossenschaften oder großer Privatinvestoren sind, brauchen keine Angst zu haben. Denn eine juristische Person - sei es GmbH oder Aktiengesellschaft - wohnt nicht.Der Vermieter kann wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Wohnung für sich selbst, einen nahen Familienangehörigen oder eine andere zu seinem Haushalt zählende Person benötigt. Die Kündigungsfrist beträgt je nach Wohndauer des Mieters und Mietvertrag drei bis zwölf Monate. Auch bei Wohnungsverkauf kann der Neuerwerber wegen Eigenbedarfs kündigen. Im gewerblichen Mietrecht gibt es keinen Eigenbedarf.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte zuletzt den Anspruch auf Eigenbedarf ausgeweitet. Neben Kindern, Enkeln, Eltern, Schwiegereltern und Geschwistern des Vermieters gehören auch Neffen und Nichten dazu, urteilte der BGH (Az.: VIII ZR 159/09). Beim Deutschen Mieterbund rechnet man mit mehr Eigenbedarfskündigungen. Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten: "Unklar ist, wie weit der Kreis der privilegierten Familienangehörigen zukünftig gezogen werden muss. Die Entscheidung wird viele Mieter verunsichern." In der Praxis kommt es vor Gericht darauf an, ob entferntere Angehörige wie Neffe, Nichte, Onkel, Tante oder Schwägerin eine besonders enge Bindung zum Vermieter haben, etwa weil sie bisher im Haushalt des Vermieters gelebt haben. Ansonsten gilt, so der Nürnberger Fachanwalt Dirk Clausen: "Für nahe Familienangehörige kann Eigenbedarf geltend gemacht werden, ohne dass eine besondere persönliche Beziehung dargelegt werden muss." Keine Familienangehörigen, so Clausen, seien nicht eingetragene Lebensgefährten und deren Angehörige, Verlobte, Patenkinder oder der geschiedene Ehegatte und dessen Angehörige.

Tricksereien unzulässig

Häufig entpuppen sich Eigenbedarfskündigungen als unzulässig. Das ist der Fall, wenn der Vermieter auf gleichwertige Wohnungen zurückgreifen kann, die Wohnung als Büro oder gewerblich nutzen will, einen überhöhten Wohnbedarf geltend macht, den Eigenbedarf nur vortäuscht, nur ein Zimmer der Wohnung nutzen will, den Eigenbedarf für entfernte Familienangehörige reklamiert oder die Kündigung treuwidrig ist. Gegen das Prinzip von Treu und Glauben verstößt die Kündigung, wenn der Eigenbedarf schon bei Abschluss des Mietvertrages vorlag oder bereits absehbar war.

Hat der Vermieter noch leer stehende Wohnungen, muss er sie dem gekündigten Mieter anbieten - aber nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Die Anbietpflicht gilt nur für Wohnungen im selben Haus oder in derselben Wohnanlage. Unzulässig sind "Vorratskündigungen", mit denen ein künftiger Eigenbedarf an einem unbestimmten Tag X geltend gemacht wird. Ist der Eigenbedarf aber berechtigt, spielt die Situation des Mieters keine Rolle. Das Gesetz stellt nur auf das Vermieterinteresse ab.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort