Wenn Protest zum Handeln zwingt

Saarbrücken · J ugendliche können durch Praktika und Ferienarbeit ihre Chancen auf eine Lehrstelle erhöhen, sagt Lars Feld, Mitglied im Rat der Wirtschaftsweisen. Der Mindestlohn bringe Jugendlichen Nachteile. Mit Feld sprach SZ-Redakteur Thomas Spontic cia

. Die eigene Bedeutung ist keine Frage von eitler Selbstdarstellung. Ganz bescheiden und völlig unbemerkt sitzt ein Mann im feinen Anzug mitten unter den Zuhörern beim Kongress zur Bekämpfung der europäischen Jugendarbeitslosigkeit in der Congresshalle. Eifrig macht er sich Notizen und lehnt auch das Angebot ab, in der ersten Reihe Platz zu nehmen, als sich herausstellt, dass es sich um den Arbeitsminister von Malta handelt. Der sich eben mal vom Saarbrücker Kongress neue Erkenntnisse erhofft.

Wie auch mehrere junge Spanier, die extra angereist sind, um Kontakte zu knüpfen. Ihr oberster Fürsprecher sitzt auf dem Podium: Magí Dalmau Moreno, der Vorsitzende des katalanischen Jugendrates, die Dachorganisation aller katalanischen Jugendorganisationen. Seine Schilderungen machen klar, dass die spanische Jugend jetzt ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt. Als Ergebnis zahlreicher Demonstrationen haben die Jugendlichen inzwischen eine Sondersitzung des Parlamentes erzwungen, das in der Folge 100 Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit verabschiedet hat. Dalmau Moreno begründet den Druck von der Straße so: "40 Prozent der Menschen zwischen 16 und 29 sind arbeitslos. Das kann so nicht bleiben." Bemerkenswert ist, dass die jungen Katalanen zur Lösung der Probleme auf ein ähnliches Modell setzen, wie es in Deutschland schon üblich ist: den runden Tisch mit Vertretern der Regierung, der Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und Jugendorganisationen. Jeder bringe Vorschläge ein. Solveigh Hieronimus von der Unternehmensberatung McKinsey stellt als Haupterkenntnis einer mehrjährigen Studie fest, dass die Unternehmen in Südeuropa eigentlich die große Auswahl unter arbeitslosen Jugendlichen haben müssten, dies aber nicht der Fall ist. Denn die Bedürfnisse der Unternehmen und die Voraussetzungen, die viele Jugendliche mitbringen, gingen weit auseinander. Während der Wirtschaftsweise Lars Feld Jugendlichen empfiehlt, die Versäumnisse der beruflichen Bildung durch eigene Praktika in Unternehmen im In- und Ausland wett zu machen (siehe auch Interview), können Probleme beim beruflichen Einstieg auch an anderer Stelle erfolgreicher gelöst werden.

"Teamgeist gefragt"

So wird Charles-Henry Besseyre des Horts von der renommierten Pariser Elite-Uni HEC weltweit immer wieder nach dem optimalen Lebenslauf gefragt. Er rät, reinzuschreiben, "wo Sie schon Verantwortung übernommen haben. Wo haben Sie andere motiviert? Haben Sie schon Mannschaftssport betrieben? Das verrät Teamgeist, der heute gefragt ist. Man verschafft sich mit sozialem Engagement und der Art des Lebenslaufes ein Image."

Für eine Imageverbesserung in eigener Sache sorgen auch Unternehmen wie VW , die auf der Basis der dualen Ausbildung Bildungs-Kooperationspartner in Südeuropa suchen. Jungen spanischen Facharbeitern wird an den Produktionsstandorten von VW und Seat praktisches Wissen auf höherem Niveau vermittelt. Damit können sie in Deutschland als auch ihrem Heimatland arbeiten, betont Olaf Katzer, Leiter für Berufsausbildung und Weiterbildung im VW-Konzern.

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