Eine Chance für Europas Jugend

Über fünf Millionen junge Menschen in Europa haben keine Arbeit. Eine schwindelerregende Zahl mit möglicherweise gefährlichen Auswirkungen für uns alle.

Wem die Chance genommen wird, sich selbst zu beweisen, sich mit geregelter Arbeit Ansehen zu erwerben, eine Familie zu gründen oder einfach auf eigenen Füßen zu stehen, bei dem werden Zweifel gesät an Staat und Gesellschaft. Er wird anfälliger für extreme politische Kräfte und auch jenes Europa eher als Gefahr ansehen, das vor allem die Regierungen im Süden des Kontinents zum Sparen anhält - bis heute aber nicht vermag, das große Nord-Süd Gefälle auf dem Arbeitsmarkt in den Griff zu bekommen. Südeuropa verkommt zum Armenhaus. Vor allem, weil die Strukturen nicht stimmen: Der Arbeitsmarkt ist verkrustet und das Ausbildungssystem geht oft an den Bedürfnissen der Firmen vorbei.

Unternehmen verlangen heute mehr Praxiswissen als je zuvor. Insbesondere dann, wenn sie international tätig sind und auf starke Mitbewerber treffen. Hier hat sich eindeutig eine deutsche Errungenschaft als großer Wettbewerbsvorteil herausgestellt: unser System der dualen Ausbildung, also die Verbindung der Vermittlung des theoretischen Wissens in der Schule und aller praktischen Inhalte im Betrieb. Diese Form der Ausbildung kennt man in Südeuropa nicht. Hier setzt man rein auf schulische Lerninhalte. Das deutsche duale Lernsystem sollte ein Vorbild für Südeuropa werden. Unternehmen wie VW oder Bosch haben schon den Kontakt zu Bildungseinrichtungen in Südeuropa geknüpft und bieten Kooperation nach dem dualen System an. Ein wichtiger Schritt. So bekommen die Jugendlichen die Chance, mit ihren Kenntnissen auf hohem Niveau wahlweise in ihrem Heimatland oder in Deutschland zu arbeiten.

Hinzu kommen muss künftig eine stärkere individuelle Betreuung jedes Einzelnen mit einer gezielten Ermittlung seiner Talente und Fähigkeiten. Hier können sowohl der Staat als auch Unternehmen helfen. Das ist auch einer der Bausteine zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit , wie sie der Arbeitsmarktexperte Peter Hartz mit seinem Team erarbeitet hat. Der Saarländer will zudem viel Geld in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten für Ausbildung aktivieren. Bis hin zu einem Investmentfonds, in den jeder einzahlen kann. Auf 215 Milliarden Euro beziffert Hartz den Finanzbedarf zur Bekämpfung der europäischen Jugendarbeitslosigkeit . Eine gigantische Summe. Doch selbst wenn es gelänge, nur einen Bruchteil davon zu mobilisieren, wäre das schon ein großer Erfolg. Arbeit zu ermöglichen bringt allen mehr, als auf Dauer Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Junge Menschen in Europa haben eine Chance verdient - das ist auch die einzige Chance für Europa .

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