Es geht ans Eingemachte

Saarbrücken · Das Sparen an der Saar-Uni nimmt bizarre Formen an. Die Fakultäten kratzen jeden Cent zusammen, um den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten. Dabei machen sie auch vor der Zweckentfremdung studentischer Mittel nicht halt.

Die Saar-Uni muss sparen. Die Landesregierung hat den Etat bis 2020 auf dem heutigen Stand von rund 180 Millionen Euro eingefroren, 11,9 Prozent ihres Etats müssen die acht Fakultäten der Saar-Uni im Schnitt einsparen. Hinzu kommt ein genereller Abzug von fünf Prozent. Mit dem, was bleibt, sei es jedoch unmöglich, den laufenden Lehrbetrieb aufrecht zu erhalten, sagen Fakultätsvertreter. "Ich weiß nicht, wie wir nächstes Jahr die Lehre garantieren können", erklärt Professor Erich Steiner von der Fachrichtung Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft sowie Translation (VSLT).

In seiner Fachrichtung nimmt das Sparen derzeit bizarre Züge an. "Vergangene Woche hat sich die Geschäftsführung des Fachbereichs an uns gewandt - mit der Bitte, die Kompensationsmittel komplett für den laufenden Betrieb zur Verfügung zu stellen", berichtet Lukas Redemann, VSLT-Student und Fachschaftsmitglied.

Die Kompensationsmittel sind Gelder in Millionenhöhe, die die Landesregierung seit der Abschaffung der Studiengebühren an die Saar-Uni zahlt. Sie sollen zweckgebunden in die Verbesserung der Lehre fließen, in ihre Verwendung müssen die Studenten einbezogen werden. "Was bringen schöne Zusatzveranstaltungen und Tutorien, wenn die Stammlehre nicht gesichert ist?", rechtfertigt dieses Vorgehen Professor Steiner. Er und seine Kollegen vom Fachbereich VSLT sähen sich derzeit gezwungen, jeden Cent zusammenzukratzen, um die Grundlehre sicherzustellen. "Die Nichtausschöpfungsquote von fünf Prozent gibt uns den letzten Rest", klagt Steiner.

In seiner kleinen Fachrichtung machen sie etwa 120 000 Euro weniger pro Jahr aus - "Das bedeutet etwa zwei Dozentenstellen", sagt Steiner.

Die Studenten fühlen sich unter Druck gesetzt. "Uns wurde gesagt, dass wir entweder unsere Kompensationsmittel komplett in den Haushalt der Fachrichtung überführen können, oder dass dem Fach Streichungen drohen, die die Studierbarkeit gravierend beinträchtigen würden", berichtet Lukas Redemann. "Im schlimmsten Fall drohe sogar eine Haushaltssperre."

Als "Unverschämtheit" und "Unding" bezeichnet der Asta-Vorsitzende Govinda Sicheneder die Vorgänge an der Philosophischen Fakultät II. "Wir haben die Zusage der Landesregierung, dass die Kompensationsmittel nicht für den Erhalt der Lehre genutzt werden dürfen", sagt Sicheneder. Er will den einzelnen Fakultäten trotzdem keinen Vorwurf machen. "Das Land muss sicherstellen, dass die Studiengänge entsprechend der Prüfungsordnung studierbar bleiben." Dass Kompensationsmittel nun in den Spartopf wandern, werde der Asta nicht akzeptieren.

Doch an der Philosophischen Fakultät II ist dies offenbar bereits geschehen: Professor Erich Steiner und Fachschaftsmitglied Lukas Redemann berichten von 600 000 Euro an Kompensationsmitteln, die bis 2020 in den laufenden Betrieb der Fakultät fließen sollen - abgenickt bereits im Mai von studentischen Vertretern.

Noch sei es ein Einzelfall an der Saar-Uni, dass Kompensationsmittel in den Haushalt der Fakultäten wandern, sagt Moritz Plathe, der beim Asta im Referat Studienqualität darüber wacht, "dass die Studenten ordentlich an der Verteilung der Kompensationsmittel beteiligt werden". Angesichts der enormen Sparlast rechnet Plathe aber damit, dass ähnliche Probleme künftig öfter auftauchen werden. "Dieser Fall zeigt, dass der bemessene Finanzrahmen einfach nicht ausreicht."

Meinung:
So geht's nicht

Von Peter Bylda

Viele der heutigen Studenten werden es nicht mehr wissen: Von 2007 bis 2010 gab es im Saarland Studiengebühren . Als die aus politischen Gründen abgeschafft wurden, fehlten der Saar-Uni plötzlich Millionen. Deshalb erhält sie bis heute Ausgleichszahlungen des Landes, sogenannte Kompensationsmittel. Auch wenn diese Zahlungen immer weiter schrumpfen, sind sie doch an einen Zweck gebunden: die Verbesserung der Lehre. Sie sind nicht dazu bestimmt, finanziell überlastete Fakultäten über Wasser zu halten. Das müssen deren Vertreter bedenken, die jetzt in ihrer Not nach jedem Rettungsring greifen. Vor allem ist es aber an den Studenten , darüber zu wachen, dass ihre Mittel auch in ihrem Sinne eingesetzt werden.

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