Rückschritt mit Becker

Melbourne · Titelverteidiger Novak Djokovic ist bei den Australian Open bereits im Viertelfinale gescheitert. Der Serbe verlor gegen den Schweizer Stanislas Wawrinka. Damit erlebte Boris Becker einen Fehlstart in seine Karriere als Trainer von Djokovic.

Auf der Tribüne raufte sich Boris Becker das rotblonde Haar und malträtierte seinen Kaugummi. Auf dem Platz donnerte Novak Djokovic seinen Schläger zu Boden. Die Gesten der Ratlosigkeit bei der deutschen Tennis-Ikone und seinem Schützling waren die Vorboten der bislang größten Überraschung bei den Australian Open 2014: Im Viertelfinale verlor Djokovic gegen den Schweizer Stanislas Wawrinka in einer dramatischen Begegnung 6:2, 4:6, 2:6, 6:3, 7:9.

"Ich habe mein Herz auf dem Platz gelassen", sagte Djokovic, "mehr konnte ich nicht tun." Die Enttäuschung war ihm anzumerken, dennoch gratulierte er Wawrinka fair: "Er hat seine Chancen genutzt, er verdient den Sieg." Wawrinka konnte sein Glück kaum fassen: "Ich habe immer gekämpft, ich habe es immer versucht. Und heute Nacht habe ich gewonnen."

Exakt vier Stunden dauerte der Tennis-Krimi in der Rod-Laver-Arena. Keiner der 16 000 Zuschauer verließ den Platz, auch wenn es mit 17 Grad in Melbourne kühl geworden war. Becker saß im schwarzen Kapuzenpulli in der Box und sah hilflos mit an, wie Djokovics imposante Serien ein unerwartetes Ende fanden.

Drei Titel hatte der 26 Jahre alte Serbe nacheinander in Melbourne gewonnen, 14 Mal erreichte er bei den letzten Grand-Slam-Turnieren zumindest das Halbfinale. Seit den US Open im September verlor Djokovic nicht ein Spiel. Gemeinsam mit dem dreimaligen Wimbledonsieger Becker wollte er sein Spiel weiterentwickeln. Dafür hat das Duo nun unerwartet mehr Zeit, der Start in die Partnerschaft hätte kaum enttäuschender enden können.

Dabei sah es zu Beginn danach aus, als würde Djokovic weiter ohne Satzverlust durch das Turnier pflügen. Eine halbe Stunde lang spielte der Weltranglistenzweite solide, Wawrinka gelang dagegen kaum etwas. Becker klatschte zufrieden in die Hände, so hatte sich der Leimener die Partie vorgestellt.

Das Publikum schlug sich jedoch nach und nach auf die Seite des Außenseiters. Die Zuschauer wollten ein Match wie im vergangenen Jahr, als Djokovic nach 5:02 Stunden mit 12:10 im fünften Satz triumphiert hatte. Diesmal gelang Wawrinka die Revanche, es war erst sein dritter Sieg im 18. Duell mit Djokovic. Zuletzt hatte der Weltranglistenachte vor acht Jahren ein Match gegen Djokovic für sich entschieden. Mit seiner mächtigen Rückhand, die er einhändig über das Feld peitscht, dominierte Wawrinka zusehends die Ballwechsel. Djokovic hielt dagegen, doch hatte er nicht seinen besten Tag erwischt. Ein einfach verschlagener Volley besiegelte das Aus.

Wawrinka bekam die ersten Gratulationen wenige Minuten nach dem Matchball. "Absolut verdient", twitterte sein Landsmann Roger Federer, der heute (9 Uhr/Eurosport) gegen Andy Murray um den Halbfinaleinzug spielt. Wawrinka ist erst morgen wieder dran in seinem ersten Melbourne-Halbfinale - gegen einen weiteren Debütanten. Tomas Berdych aus Tschechien setzte sich gegen den Spanier David Ferrer mit 6:1, 6:4, 2:6, 6:4 durch. Bei den Frauen qualifizierten sich Eugenie Bouchard (Kanada) und Vorjahresfinalistin Li Na (China) für das Halbfinale.

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Auf einen BlickDas deutsche Davis-Cup-Team tritt mit Tommy Haas als Spitzenspieler gegen Spanien an. Neben der Nummer zwölf der Weltrangliste nominierte Kapitän Carsten Arriens gestern Philipp Kohlschreiber, Florian Mayer und Daniel Brands für das Erstrundenspiel vom 31. Januar bis 2. Februar in Frankfurt. Ein kleines Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Haas, dessen bei den Australian Open aufgebrochene Schulterblessur noch nicht ganz abgeklungen ist. "Er ist aber zuversichtlich", sagte Arriens.Der spanische Kapitän Carlos Moya muss dagegen auf jeden Fall auf seine Topspieler David Ferrer und Rafael Nadal verzichten. Beide wollen eine Pause einlegen. dpa

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