Im wilden Osten Europas läuft vieles ganz anders

Kurz vor der Fußball-Europameisterschaft haben westliche Politiker plötzlich festgestellt, wie schlimm die Zustände in der Ukraine sind und dass das Land nicht würdig ist, gemeinsam mit Polen die EM auszurichten. Vielleicht hätten die Betreffenden bei Olaf Sundermeyer nachfragen sollen, was da los ist, denn der ist seit Jahren in den Stadien Osteuropas unterwegs

Kurz vor der Fußball-Europameisterschaft haben westliche Politiker plötzlich festgestellt, wie schlimm die Zustände in der Ukraine sind und dass das Land nicht würdig ist, gemeinsam mit Polen die EM auszurichten. Vielleicht hätten die Betreffenden bei Olaf Sundermeyer nachfragen sollen, was da los ist, denn der ist seit Jahren in den Stadien Osteuropas unterwegs.Im Buch "Tor zum Osten" berichtet Sundermeyer von seinen Besuchen in einer wilden Fußballwelt, wie er sie nennt. Dabei schildert er auch, was in der Ukraine alles falsch läuft. Der Fußball diene dort als "Machtmittel von Oligarchen, die das Land als ihre Privatangelegenheit behandeln und ausbeuten", meint er. In bekannten Clubs wie Dynamo Kiew oder Schachtar Donezk agierten gut organisierte Clans, die den Staat aushöhlten.

Aber nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Polen und Russland greift der Autor Themen rund um den Fußball auf. Da ist von Hooligans, käuflichen Vereinsvertretern und betrunkenen Verbandsfunktionären ebenso die Rede wie von rechtsradikalen Ultras und Trainern, die fürstlich leben und arbeiten können.

Angesichts der jetzigen EM im "wilden Osten" und der für 2018 in Russland geplanten Fußball-WM leistet das Buch einen wertvollen Beitrag zur "Osterweiterung" des globalen Sports, bei der auf neuen Märkten viel Geld verdient werden soll. Die Veränderungen im polnischen Fußball bewertet Sundermeyer übrigens als Beitrag zur Demokratisierung des Landes. Russland missbrauche hingegen den Fußball zu seiner weiteren Großmachtwerdung. Wulf Wein

Olaf Sundermeyer: Tor zum Osten. Besuch in einer wilden Fußballwelt, Verlag Die Werkstatt 2012, 208 Seiten, ISBN 978-3-89533-853-3, 12,90 Euro.

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