"Gewalt ist hier ein Event"

Kaiserslautern. Die Gewaltaufrufe einzelner Frankfurter Ultras vor dem Spiel am Sonntag beim 1. FC Kaiserslautern, geben Grund zu Sorge, sollten aber nicht überbewertet werden, meint Gewaltforscher Gunter Pilz (Foto: SZ). Er sieht vor allem friedliche Fans in der Pflicht

Kaiserslautern. Die Gewaltaufrufe einzelner Frankfurter Ultras vor dem Spiel am Sonntag beim 1. FC Kaiserslautern, geben Grund zu Sorge, sollten aber nicht überbewertet werden, meint Gewaltforscher Gunter Pilz (Foto: SZ). Er sieht vor allem friedliche Fans in der Pflicht.

Als am vergangenen Samstag in Berlin selbst Schalker und Dortmunder friedlich nebeneinander für den "Erhalt der Fankultur" demonstrierten, fehlte mit den Frankfurter Ultras eine der größten Gruppierungen. Dass sie stattdessen im Internet offen zur Gewalt beim Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern aufrief - "Großstadt gegen Zivilisation" war noch einer der zurückhaltenderen Ausdrücke - ist durchaus besorgniserregend. Dass das Nicht-Erscheinen in Berlin, wie viele Beobachter verlauten ließen, allerdings im Zusammenhang damit steht, dem widerspricht Professor Gunter Pilz von der Universität Hannover. Zu groß seien die gemeinsamen Ziele in Berlin gewesen, erklärt der Sportsoziologe und Gewaltforscher: "Ich sehe dort keinen Zusammenhang. Vielleicht war es zu weit weg - oder zu teuer. Ich glaube nicht, dass es bewusst gegen diese Aktion gerichtet war, denn es wurden genau die Themen angesprochen, um die es auch den Frankfurtern geht." Vielmehr lägen die Aufrufe gegen Kaiserslautern "in einer gepflegten Feindschaft".

Pilz wehrt sich auch gegen die These, die zunehmende Gewalt der letzten Zeit habe ihre Ursachen in der wirtschaftlichen Krise: "Welche Krise? Der Großteil der Ultras stammt nicht aus deprivierten Schichten, sondern aus der Mittelschicht. Das ist völlig losgelöst von einer Reaktion auf irgendeine Krise. Gewalt ist hier ein Event." Also eine andere Form dessen, wogegen sich die meisten Ultras eigentlich wehren. Daher rührt dann auch die Sorge vor dem Spiel am Sonntag (15.30 Uhr, Fritz-Walter-Stadion). Das Spiel ist als Risiko-Spiel eingestuft, die Drohungen werden ernst genommen, aber nicht überbewertet. Schon vorab haben die Vereine einen Aufruf an ihre Fans veröffentlicht, in dem sich Spieler beider Lager zu Wort melden. "Ein richtiger Schritt", sagt Pilz: "Die besonnenen Fans sind aufgerufen, sich nicht zu solidarisieren. Aber auch die Polizei ist gut beraten, nicht sofort auf Konfrontation zu gehen, um so diesen Besonnenen die Möglichkeit zu geben, sich zu distanzieren." Im Stadion selbst dürften Ausschreitungen fast ausgeschlossen sein, entscheidend wird die An- und Abreise der schätzungsweise 350 sogenannter "Problemfans" sein. "Aber da ist die Polizei sehr zuversichtlich", erklärt FCK-Pressesprecher Christian Gruber. jbö

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