Angekommen in der WeltspitzeDie Ein-Mann-Show geht weiterAthleten aus 35 Ländern kommen ins Bungertstadion

Rehlingen. Matthias de Zordo ist derzeit die Ruhe in Person. "Gut geht's mir", sagt der 23-jährige Speerwerfer des SV Saar 05 Saarbrücken, "alles ist in Ordnung". Man kommt auch bei objektiver Betrachtungsweise nicht umhin, ihm Recht zu geben

Rehlingen. Matthias de Zordo ist derzeit die Ruhe in Person. "Gut geht's mir", sagt der 23-jährige Speerwerfer des SV Saar 05 Saarbrücken, "alles ist in Ordnung". Man kommt auch bei objektiver Betrachtungsweise nicht umhin, ihm Recht zu geben. Die Freiluft-Saison ist noch jung, aber "Zorro" hat bereits jetzt einen dicken Haken an Ziel Nummer eins für dieses Jahr gemacht: die Qualifikations-Norm für die Weltmeisterschaft in Südkorea. 82,50 Meter waren gefordert - 85,78 Meter weit flog de Zordos Speer beim Grand-Prix-Meeting im tschechischen Ostrau. 83,94 Meter und Platz eins waren es am Donnerstag beim Diamond-League-Meeting in Oslo.Die Gelassenheit von de Zordo scheint trotzdem ungewöhnlich - denn schließlich haben sich die Vorzeichen für ihn geändert. Im vergangenen Jahr, da landete er quasi wie aus dem Nichts in der Weltklasse, schleuderte den Speer serienweise auf neue Bestweiten, lieferte den Topstars der Szene wie Tero Pitkamäki (Finnland) oder Andreas Thorkildsen (Norwegen) begeisternde Duelle. Alles gipfelte in der Europameisterschaft in Barcelona, jenem denkwürdigen Samstagabend, als Linkshänder de Zordo zu bester Fernsehzeit einen Urschrei nach dem anderen losließ und mit 87,81 Metern sensationell die Silbermedaille gewann.

Der Schützling von Bundestrainer Boris Henry hat sich also einen Namen gemacht - und gehört jetzt zu den Arrivierten, trotz seiner gerade mal 23 Jahre. Nicht mehr nur der Jäger zu sein, sondern der Gejagte, der sein Revier verteidigen muss - das sind neue Umstände, auf die sich der Saarsportler des Jahres 2010 erst einmal einstellen muss. "Natürlich habe ich mir im Winter manchmal ein paar Gedanken gemacht darüber, wie ich mit dem Druck umgehe", gibt de Zordo zu, "nach 2010 verlangen plötzlich viele, dass ich immer 86, 87 Meter werfe". Umso besser, dass "Matze" diesen Erwartungen spätestens in Ostrau direkt gerecht wurde. "Das war schon wichtig für mich, auch um zu beweisen, dass 2010 kein Zufall war."

Mit all dieser Ruhe, die de Zordo ausstrahlt, geht er nun den Rest der Saison an. "Wir haben ein strammes Programm", sagt er, wohl wissend, dass ein Wettkampf den nächsten jagt. Aber de Zordo braucht dieses Gefühl, am Anlauf zu stehen, das Publikum im Rücken zu haben, das rhythmische Klatschen zu hören. "Ich bin kein Trainingstyp", erzählt der frühere Handballer, "im Wettkampf geht es bei mir immer weiter als im Training, da ist immer alles drin". So wie im Vorjahr in Rehlingen, als die Kurve im Bungertstadion "richtig schön Betrieb" machte und er mit 83,09 Metern gewann - eine von einem Dutzend neuer persönlicher Bestleistungen des vergangenen Jahres.

Auf diesen Betrieb hofft "Zorro" auch an diesem Montag beim 47. Pfingstsportfest. Und sollte sein Speer ähnlich weit fliegen wie in Ostrau vor zwei Wochen, gibt es vielleicht auch wieder ein paar nette Worte von Andreas Thorkildsen im Internet. Der Olympiasieger, Welt- und Europameister, den er in Barcelona 2010 fast zur Verzweiflung getrieben hatte, schrieb respektvoll ein paar Glückwunsch-Sätze an de Zordos Pinnwand im sozialen Netzwerk Facebook. Auch ein Beweis dafür, dass de Zordo zur absoluten Weltspitze gehört. Oslo. Zwei Sieger - zwei Welten: Als sich Speerwerfer Matthias de Zordo aus Saarbrücken glücklich und zufrieden aus dem Bislett-Stadion von Oslo verabschiedet, ist ein Blumenstrauß sein einziger Begleiter. Dann kommt Usain Bolt. In Sekunden ist der schnellste Mann der Welt von Reportern umringt. Blitzlichter. Die üblichen Fragen, die bekannten Antworten. Bei der Pressekonferenz geht's wie immer, wenn er da sitzt, locker zu. Bolt lacht, macht Witze. Er hat ja wieder gewonnen. Im Regen und in Jahresweltbestzeit. Als schwitzende Leibwächter den Star aus dem kleinen Raum schieben, sitzt de Zordo längst im Bus.

"Der Sprint und der Wurfbereich - das sind doch in der Leichtathletik zwei Welten. Vielleicht so wie die Formel 1 und die Tourenwagen", erzählt Vize-Europameister de Zordo schmunzelnd. Er hat allen Grund zum Lachen. Denn der 23-Jährige sorgte am Donnerstagabend beim Diamond-League-Meeting in Oslo mit einer Weite von 83, 94 Metern für den einzigen deutschen Sieg.

Den Speerwerfer stört es nicht, dass er in Oslo am Rande wahrgenommen wird, weil die Leichtathletik ohnehin zu einer Ein-Mann-Show mutiert. "Er ist der Publikumsmagnet. Das Stadion war voll. Ich wüsste nicht, ob ohne ihn so viele Leute hier wären", sagt de Zordo.

Bolt ist der Krösus - auch finanziell. Der Olympiasieger und Weltmeister aus Jamaika hat einen Sieben-Millionen-Dollar-Vertrag mit seinem Ausrüster Puma. Und "Blitz-Bolt" ist bei seiner Premiere in Oslo mit der schnellsten 200-Meter-Zeit der WM-Saison (19,86 Sekunden) an die Spitze der Jahresweltbestenliste gesprintet. "Ich bin stolz auf mich. Ich bin wieder da! Zu Hause muss ich jetzt hart arbeiten", meint der 24-Jährige. Zumindest diese Einschätzung für sich selbst teilen Bolt und de Zordo. dpa

Rehlingen. Das Pfingstsportfest in Rehlingen beginnt an diesem Montag um 11 Uhr mit den Nachwuchs-Wettbewerben, ab 14 Uhr sind die Hauptakteure dran. Die kommen diesmal aus 35 Ländern, erstmals auch aus Vietnam und von der Karibik-Insel St. Kitts & Nevis. Von dort stammt der Star der 47. Auflage der Leichtathletik-Veranstaltung, der frühere 100-Meter-Weltmeister Kim Collins.

Auch weitere Topathleten hat Meetingdirektor Ludwin Klein ins Saarland gelotst. Etwa den Marokkaner Abdalaati Iguider. Der Junioren-Weltmeister von 2004 und Olympia-Fünfte von 2008 läuft die 1500 Meter. Und in seinem Windschatten möchte der mehrmalige deutsche Meister Carsten Schlangen die WM-Norm angehen.

Spannend dürfte auch das Duell des Frankfurters Kamghe Gaba, aktueller deutscher Meister, und des Saarbrückers Simon Kirch, früherer deutscher Meister, über 400 Meter werden. Allerdings hat Kirch eine lange Verletzungspause hinter sich. Wie weit er von der deutschen Spitze und der WM-Norm weg ist, wird sich im Bungertstadion zeigen. red

"Natürlich habe ich mir im Winter ein paar Gedanken gemacht darüber, wie ich mit dem Druck umgehe."

Matthias de Zordo

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