Südafrika bleibt der Stolz Kostenexplosion ein Jahr vor der EM

Kapstadt. Ein Jahr nach der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika zieht jeder seine eigene Bilanz. "Es war schön, aber es hat gar nichts geändert", meint Damiam Jikazana, Besitzer eines kleinen Souvenir-Ladens auf dem "Greenmarket" in Kapstadt. Der 47-Jährige aus dem Stadtviertel Khayelitsha spricht aus, was viele in seinem Armenviertel denken

 Bei der Beurteilung der WM sind sich die meisten Südafrikaner in einem Punkt einig: Es waren fantastische Wochen für die Demokratie, die erst 1994 das rassistische System der Apartheid ablöste. Foto: dpa

Bei der Beurteilung der WM sind sich die meisten Südafrikaner in einem Punkt einig: Es waren fantastische Wochen für die Demokratie, die erst 1994 das rassistische System der Apartheid ablöste. Foto: dpa

Kapstadt. Ein Jahr nach der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika zieht jeder seine eigene Bilanz. "Es war schön, aber es hat gar nichts geändert", meint Damiam Jikazana, Besitzer eines kleinen Souvenir-Ladens auf dem "Greenmarket" in Kapstadt. Der 47-Jährige aus dem Stadtviertel Khayelitsha spricht aus, was viele in seinem Armenviertel denken. Sie hatten gehofft, die WM werde Startschuss für einen spürbaren sozialen Aufschwung und eine Verbesserung der Lebensbedingungen sein. Dies blieb aus.Trotzdem sind viele Südafrikaner zufrieden: "Der großartige Erfolg der WM 2010 hat der Welt gezeigt, zu welchen Glanztaten wir Südafrikaner fähig sind", sagte Ex-Präsident Frederik Willem de Klerk, der ansonsten sehr skeptisch ist. "Der neue Patriotismus bei der WM war ein Segen für unsere noch tief gespaltene Gesellschaft, ein wichtiger Beitrag für unsere Einheit und nationale Identität", meinte die Politikwissenschaftlerin Nachi Majoe vom Politikinstitut Sairr in Johannesburg. Bei der Beurteilung der WM sind sich die meisten Südafrikaner in einem Punkt einig: Es waren fantastische Wochen für die Demokratie, die erst 1994 das rassistische System der Apartheid ablöste.

Die Südafrikaner hatten die Großveranstaltung perfekt organisiert, erfolgreich für Sicherheit gesorgt und sich mit ihrer Begeisterung und Gastfreundschaft den Respekt der Welt verdient - trotz nervtötender Vuvuzelas. Image-Untersuchungen zeigen, dass Südafrika tatsächlich weltweit positiver wahrgenommen wird als früher. Auch deshalb meinte Wirtschaftsminister Rob Davies, dass es letztendlich nicht wichtig sei, ob die WM finanziell ein Erfolg war oder nicht. In der Tat gehen da die Meinungen heftig auseinander: Offiziell hat Südafrika 3,1 Milliarden Euro für Stadien, Flughäfen, Straßen und andere Infrastruktur ausgegeben. Die Regierung sagt, die WM habe dem Land ein halbes Prozent Wirtschaftswachstum beschert.

Südafrika werde noch viele Jahre von dem Reputationsgewinn profitieren, betonte Davies. "Es gab viele Leute, die dachten, wir würden scheitern, aber wir haben es großartig geschafft." Auch der Organisationschef der WM, Danny Jordaan erklärte, dass Südafrika "endlich nicht mehr als Hochburg der Kriminalität" wahrgenommen werde.

Zweifellos entpuppte sich die WM auch als eine Goldgrube: Auf 2,5 Milliarden Euro bezifferte der Fußball-Weltverband (Fifa) die Einnahmen. Fraglich ist nur, ob Fifa-Präsident Joseph Blatter Recht hatte, als er behauptete, die WM sei ein "großer, großer finanzieller Erfolg für Südafrika" gewesen. Denn den Löwenanteil strich der Weltverband selbst ein.

In Südafrika gibt es nach wie vor Kritik an dem Aufwand, der für die Ausrichtung der WM geleistet werden musste. "Es war eine tolle Party, aber wenn wir uns nüchtern die ökonomischen Auswirkungen anschauen, dann war es ein Schuss in den Ofen", lästerte der Wirtschaftsexperte Chris Hart. Kiew. Politisches Gerangel um Geld und Einfluss sowie Verzögerungen und Kostenexplosion: Ein Jahr vor der Fußball-Europameisterschaft 2012 plagen Co-Gastgeber Ukraine große Sorgen. Doch Vize-Regierungschef Boris Kolesnikow gibt sich optimistisch: "Die Projekte sind zu 75 bis 85 Prozent fertig."

Für das Prestige-Projekt gilt das nicht: Die Arbeiten am Olympiastadion in Kiew, in dem am 1. Juli 2012 der Ball im EM-Finale rollen soll, sind weit im Verzug. Eigentlich sollte die Arena am 24. August eröffnet werden. Kolesnikow räumt ein, dass der Termin kaum zu halten ist. Im Gespräch ist der Oktober. Es könnte auch November werden. Rückenwind kam von der Europäischen Fußball-Union (Uefa), die sich wegen der Baumaßnahmen in den Gastgeberländern Polen und Ukraine nicht beunruhigt zeigte.

Medien prangern derweil eine Kostenexplosion an. Zur Verdreifachung trägt wohl vor allem die weit verbreitete Korruption bei. Rechnete 2008 die damalige Regierung in Kiew noch mit insgesamt drei Milliarden Euro, wird das Turnier jetzt zehn Milliarden Euro kosten. Allein das Stadion in Kiew schlägt mit etwa 400 Millionen zu Buche. An einem anderen Spielort, im ostukrainischen Donezk, sind wiederum die Kosten für den Flughafen außer Kontrolle geraten: Statt mit 333 Millionen Euro wird nun mit rund 500 Millionen gerechnet. Neben den Problemfällen Kiew und Donezk stehen die Zeichen auch in Lwiw und Charkow nicht viel besser: Es hapert an der Infrastruktur. Doch Turnier-Direktor Markijan Lubkiwski zeigt sich gelassen: "Die Menschen finden immer ein Haar in der Suppe. Wir haben eben nicht nur Freunde."

Im Co-Gastgeberland Polen übte sich der Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino in Optimismus. Er räumte zwar ein, dass auch in Polen "noch viel zu tun" sei. "Aber wir haben absolut keinen Zweifel: Polen wird bereit sein, die Ukraine wird bereit sein", sagte Infantino. dpa

"Es war schön, aber es hat gar nichts geändert."

Souvenir-Händler

Damiam Jikazana

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