Tanz als belebende Dusche

Saarbrücken. Die Saarbrücker Company-Chefin Marguerite Donlon (45) ist Irin. Wird in ihrer Heimat gefeiert, dann fährt man richtig auf. Dementsprechend üppig hatte sie ihre Jubiläumsgala konzipiert: 19 Stücke, zwei Pausen, mit Brassband im Foyer und After-Show-Party sowieso. Glamourös sollte es zum Zehnjährigen auch zugehen

 Ex-Donlon-Company-Tänzer und beruflicher Weggefährte Toby Kassell huldigt Maggie Donlon. Die erwidert dann spontan die Geste und wirft sich ihrem Publikum zu Füßen. Fotos: Oliver Dietze

Ex-Donlon-Company-Tänzer und beruflicher Weggefährte Toby Kassell huldigt Maggie Donlon. Die erwidert dann spontan die Geste und wirft sich ihrem Publikum zu Füßen. Fotos: Oliver Dietze

 Intendantin Dagmar Schlingmann (r., zu Moderator Christoph Gaiser blickend) gratuliert Marguerite Donlon.

Intendantin Dagmar Schlingmann (r., zu Moderator Christoph Gaiser blickend) gratuliert Marguerite Donlon.

 Die Donlon-Company bei ihrem furiosen Abschluss-Tanz.

Die Donlon-Company bei ihrem furiosen Abschluss-Tanz.

Saarbrücken. Die Saarbrücker Company-Chefin Marguerite Donlon (45) ist Irin. Wird in ihrer Heimat gefeiert, dann fährt man richtig auf. Dementsprechend üppig hatte sie ihre Jubiläumsgala konzipiert: 19 Stücke, zwei Pausen, mit Brassband im Foyer und After-Show-Party sowieso. Glamourös sollte es zum Zehnjährigen auch zugehen. Donlon selbst kam in ungewohnt großer Robe, die sie gleich zwei Mal wechselte. Auch war der rote Teppich auf dem Tbilisser Platz vor dem Großen Haus ausgerollt - für "tout Saarland", die Polit-, Wirtschafts- und Wissenschaftsprominenz, die sich einfand? Symbolisch wohl fürs gesamte Publikum, dem sich Donlon am Ende des Abends bäuchlings unterwarf. Diese Frau ist eine Menschenfängerin, ein Vernetzungs- und Kommunikations-Talent. Keine versierte Rednerin, wie man wieder mal feststellen konnte. Alle Versuche von Ex-Ballettdramaturg und Moderator Christoph Gaiser, Donlon in die Tiefe und ins Plaudern zu bringen, scheiterten. Schade auch, dass nur einer der aus aller Welt angereisten zwölf ehemaligen Tänzer - Toby Kassell - im Gespräch wirklich sichtbar wurde. Allerdings förderten die Zwischen-Moderationen sowieso nichts Substanzielles oder Überraschendes zu Tage. So lief die Gala in sehr konventionellen Bahnen ab, inklusive der Lob-Ausgießung durch Intendantin Dagmar Schlingmann, samt Auftritt der Ballett-"Botschafterin" Brigitte von Boch und den erwartbaren Standing Ovations. Trotzdem galt: Vier Stunden Gala gelangen ohne Blick auf die Uhr. Das lag an den unverbrauchten Energien und Qualitäten der Donlon-Choreografien. Die hatte das Team nicht zu einer Best-of-Auswahl der großen Momente gruppiert. Vielmehr bot sich wie bei der "Retrospektive"-Premiere, deren Programm sich am Freitag fast in Gänze wiederholte, ein repräsentativer Spiegel. Wobei die Zuordnung der "Häppchen" zu Themen-Abenden ("Eros", "Picasso on the move"), Klassiker-Neubearbeitungen ("Romeo und Julia", "Nussknacker") oder Handlungsballetten ("Casa Azul") nur für die Fans gegeben war. Die sieben neuen, in die Gala integrierten Ausschnitte erweiterten das Panorama freilich noch einmal, zeigten Donlons von Neugier und Empathie getragene Arbeit mit Laien ("Footprints"/"I-Move"-Projekt) und auch Gast-Choreografien. Es tauchte jedoch nur ein einziges Juwel der Serie auf, das zackig-minimalistische Kabinett-Stückchen "Shutters Shut" (2003), ein vertanztes Gertrude-Stein-Gedicht.Erhellend und begeisternd war, dass sich die Donlon-Spezifika und -Kontinuitäten wie unter einem Brennglas wahrnehmen ließen: das meisterliche Spiel mit Masken, Perspektiven und Illusionsstörungen, ihre "malerische" Grundhaltung, die Lust am schrägen Humor, der gattungsüberspringende Ansatz dank Video-Kunst und Live-Musik. Und ihr tänzerischer Personal-Stil? Donlon, das ist ins Fließen und Schweben gebrachte Energie. Großartig durchexerziert in "Arms" (2005), meisterlich gelungen im elegischen "Vogel"-Tanz aus "Blue" (2011): Im verseuchten Ozean verenden die Tänzer in Schönheit, nicht in Verzweiflung - ein die Sinne betörender, kein verstörender Todeskampf. Donlon ist nun mal keine ruppige Provokateurin. Ihre hohe Kunst entspringt einer erfrischenden Unverkrampftheit und Instinktsicherheit. Was waren Donlons erste Saarbrücker Arbeiten, in denen die junge Company in Tap-Dance-Reihen auf uns zubrandete, für Aufweck-Nummern! Dieses Gefühl wiederholte sich am Freitag: Irischer Stepp-Tanz setzte den Anfang- und den Endpunkt. Man fühlte sich wie in einer Fishermen's-Friend-Reklame. Frisch geduscht. Will man mehr?

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Zehn Jahre Donlon Dance CompanyDas Staatstheater und eine stetig wachsende, treue Fangemeinde feiern Ballettchefin Marguerite Donlon am Freitag mit einer Gala. Seit einer Dekade prägt die Irin das tänzerische Profil des erfolgreichen Saarbrücker Balletts.
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