Wahnsinn mit 316 Türbewegungen

Sulzbach · Schauspieler bringen den Irrsinn des Theaters auf die Bühne. Kann das gut gehen? Tut es! Wenn das Sulzbacher Kellertheater den "Nackten Wahnsinn" von Michael Frayn gibt.

 Bild aus der Generalprobe für "Der nackte Wahnsinn" in der Jahnturnhalle Sulzbach. Foto: Iris Maurer

Bild aus der Generalprobe für "Der nackte Wahnsinn" in der Jahnturnhalle Sulzbach. Foto: Iris Maurer

Sulzbach. Tür auf, Tür zu; Sardinen rein, Sardinen raus, und dazu das ewige Theater mit dem Theater. Ist das nicht "Der nackte Wahnsinn"? Genau: So lautet der deutsche Titel von Michael Frayns Komödie "Noises off", mit der das Sulzbacher Kellertheater am Freitag in der ausverkauften Jahnturnhalle Premiere feierte.Die Farce ist eine wunderbare Persiflage über das Theater - und von der Logistik, den Abläufen und Dialogen her ein verdammt harter Brocken. Im Zentrum steht eine Tourneetheatergruppe, die eine Boulevardkomödie einstudiert und ihren Regisseur Lloyd (Manuel Matt) dabei zur Verzweiflung treibt. Umgekehrt stiftet der mit seinen amourösen Abenteuern Unmut im Ensemble. Der erste Akt führt anhand einer Probe die Unzulänglichkeiten der Beteiligten vor: Dotty (Christa Eisenbrand-Wantz) kriegt den Teller mit den eingangs erwähnten Sardinen nicht organisiert; Frederick (Leo Klein) versteht einiges dramaturgisch nicht, Brooke (Sabine Spaendl) verliert ständig ihre Kontaktlinsen, Selsdon (Peter Neu) verpasst whiskey-selig seine Einsätze, und Inspizientin Kim (Katja König) ist heillos überarbeitet. Nur Garry (Markus Wantz) und die fürsorgliche Belinda (Anne Allenbach) funktionieren. Doch schon im zweiten Akt zoffen sich alle bei laufender Vorstellung hinter den Kulissen. Im dritten Bild geht's dann gänzlich drunter und drüber. Dialoge, Personen und Handlungsstränge verselbstständigen sich, und keiner weiß mehr, hinter welcher Tür gerade was geschieht.

Das Kellertheater hat ein aufwändiges Bühnenbild mit Treppe und Balustrade aufgebaut und unfassbare 316 Türbewegungen gezählt. Das erfordert vom Regisseur enormen Durchblick und von den Darstellern Wandlungsfähigkeit, hohes Tempo und irrwitzige Präzision. Dass die Herausforderung zu schultern ist, hat unlängst die Musical-AG des Saarbrücker Schlossgymnasiums bewiesen, bei der das Kellertheater Paula Wünsch in der Rolle der Regieassistentin Poppy ausgeliehen hat. Und weil Regisseur Enrico Tinebra kontrollierter ist als sein Bühnen-Alter Ego Lloyd und auch die fähigeren Schauspieler zur Verfügung hat, macht die Adaption des Kellertheaters rundum Spaß. kek

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