„Die Welle“ sorgt noch immer für Diskussionsstoff

Bexbach · Das Theaterstück „Die Welle“ nach der Romanvorlage von Morton Rhue, das auf einer wahren Begebenheit beruht, brachte die achte Klasse der Waldorfschule Bexbach auf die Bühne. Die Regie übernahm Kerstin Kiefer.

 Die Schluss-Szene: Rüdiger erschießt erst Tobias, der sich vor Ben Ross gestellt hat, weil dieser die Welle beenden will. Dann erschießt er sich selbst. Von links: Luca Lill, Meike Bauer, Claudius Rodenbüsch, Niklas Arnold (am Boden liegend), Leon Kraus und, über ihn gebeugt, Max Schumann. Foto: Doris Arnold/Waldorfschule

Die Schluss-Szene: Rüdiger erschießt erst Tobias, der sich vor Ben Ross gestellt hat, weil dieser die Welle beenden will. Dann erschießt er sich selbst. Von links: Luca Lill, Meike Bauer, Claudius Rodenbüsch, Niklas Arnold (am Boden liegend), Leon Kraus und, über ihn gebeugt, Max Schumann. Foto: Doris Arnold/Waldorfschule

Foto: Doris Arnold/Waldorfschule

"Stärke durch Disziplin, Stärke durch Gemeinschaft!" Mit diesen Worten versucht ein junger Geschichtslehrer, Ben Ross, seine Schüler einzuschwören auf ein neues "Wir-Gefühl". In einem gewagten pädagogischen Experiment will er seinem Projektkurs beweisen, dass Gleichschaltung, wie sie im Dritten Reich geschehen ist, auch heute noch möglich wäre, wenn wir nicht wachsam bleiben.

Ausgerechnet das Theaterstück "Die Welle" nach der Romanvorlage von Morton Rhue , das auf einer wahren Begebenheit beruht, hat sich die achte Klasse der Waldorfschule Bexbach ausgesucht als Klassenspiel. "Ungewöhnlich, weil die Schüler den Nationalsozialismus im Unterricht noch gar nicht durchgenommen haben", meint die Mannheimer Theaterpädagogin Kerstin Kiefer, die das Projekt in der Regie begleitet. "Aber aus meiner Erfahrung weiß ich, dass die Schüler sich immer das Thema suchen, an dem sie selbst am meisten lernen." Dies bestätigt auch Klassenlehrer Christoph Riefer: "Disziplin wurde den Schülern dann auch abverlangt, um in der vierwöchigen Intensivphase der Probenzeit bis zum Ende durchzuhalten und das Stück auf die Bühne zu bringen."

Die Hauptrolle übernahm für beide Besetzungen Leon Kraus. Für ihn war Szene 27 am beeindruckendsten. Es ist die letzte des Stücks, in der Ben Ross alle Schüler zusammenruft, um ihnen zu zeigen, wie ähnlich sie in ihrem Verhalten den Nazis geworden sind, wenn sie sich als "elitäre Minderheit" von anderen mit Uniform, Salut und Aktionen abgrenzen und sie beherrschen wollen. Als er "Die Welle" beenden will, eskaliert die Situation. "Das ist ein Wow-Moment", meint Leon, "als der Schuss fällt". Tatsächlich endete das Experiment an einer High School in Palo Alto, Kalifornien, im Jahr 1967 mit einem Amoklauf. Im Theaterstück ist es der Außenseiter Rüdiger, der durch die "Welle" Ansehen erfährt und mit ihrem Ende nicht mehr leben kann. Das Stück macht betroffen, erschüttert die Schüler , gerade, weil es keine fertigen Antworten gibt. Auch die Premierengäste regt es zur Auseinandersetzung an. Es wird diskutiert "warum sich Achtklässer solch schweren Stoff wählen?". Die Klasse hatte die Wahl einstimmig getroffen. Doch die Begeisterung über die Leistung der 14-Jährigen überwiegt sehr schnell. Denn sie erlernten mit dem Einstudieren des Stückes nicht nur Schauspielen, Körper- und Sprachbeherrschung, sondern auch Organisation und projektbezogenes Denken. Dieser Gruppenerfolg wurde auch durch das Zusammenwirken der ganzen Schule getragen, heißt es weiter. Denn zum Klassenspiel gehörten auch das Herstellen von Kostümen und Kulissen, "mit Unterstützung von Herrn Lezius, Licht und Tontechnik mit Hilfe von Herrn Ballard, Requisiten und Maske durch Frau Karsten", so die Mitteilung weiter. Sie ist von Anfang an dabei und hat schon viele Schüler für den großen Auftritt geschminkt.

"Disziplin" sei letztlich Teil dieses Erfolges, aber eine Disziplin, die den einzelnen und seine individuellen Sichtweisen nicht vergesse, sondern mitnehme und selbstständiges Denken nicht auflöse, sondern herausfordere. So überwiegt am Ende der Geschichte um "Die Welle" die Erleichterung auf den Gesichtern, das große Ziel erreicht zu haben.

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