Gedenken Die NS-Verbrechen niemals vergessen

St. Wendel · Vor der ehemaligen St. Wendeler Synagoge wurde der Opfer der Reichspogromnacht vor 80 Jahren gedacht.

 Landrat Udo Recktenwald und St. Wendeler Bürger gedachten der NS-Opfer an der  Stele, wo einst die Synagoge stand.

Landrat Udo Recktenwald und St. Wendeler Bürger gedachten der NS-Opfer an der  Stele, wo einst die Synagoge stand.

Foto: Frank Faber

Diese Gräueltaten und Verletzung der Menschenrechte haben sich vor 80 Jahren in St. Wendel zugetragen. Rückblick. In der Kelsweiler Straße brennt die jüdische Synagoge, Geschäfte werden von Männern der Schutzstaffel (SS) und Sturmabteilung (SA) der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (NSDAP) verwüstet und geplündert. Es tobt der menschenverachtende NS-Mob – die Nacht vom 9. auf den 10. November im Jahre 1938 war eine Vorstufe vom Holocaust. 14 Tage später muss die Brandruine von städtischen Arbeitern abgebrochen werden, jüdische Mitbürger werden deportiert und in den Konzentrationslagern brutal gequält und ermordet.

Acht Jahrzehnte später gedenken am ehemaligen Standort der Synagoge, wo vor zwei Jahren eine Stele aufgestellt worden ist, 100 Menschen mit einer Kranzniederlegung den Opfern der Reichspogromnacht, die in die düstere Geschichte Deutschlands und St. Wendels eingegangen ist. Die Stimmung wirkt beklemmend. „Diese Schändung und Entzündung der Synagoge ist unter den Augen der Bevölkerung geschehen“, erinnert der St. Wendeler Landrat Udo Recktenwald (CDU) an die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes in der Kristallnacht. Viele Juden müssen daraufhin fliehen, oftmals endet ihr Weg im Vernichtungslager. Im Anschluss an Recktenwalds tief greifende Worte marschieren die St. Wendeler in einer Lichterprozession zur evangelischen Stadtkirche. „Die Steine waren als Zeugen dabei“, singt die Gruppe Aufbruch mit Klavierbegleitung im Altarraum.

Es sei ein wichtiger Tag, begrüßt Pfarrerin Christine Unrath die Teilnehmer der Gedenkfeier im Gotteshaus und fordert sie auf: „Wir müssen uns alle dafür einsetzen, dass so etwas nicht mehr passiert“. Damalige Zeitzeugen, lautet das Anliegen des Landrats, müssten nun durch Zeitlos-Zeugen ersetzt werden, damit die verbrecherischen Taten der Nazi-Schergen nicht in Vergessenheit geraten. Während eines Graffiti-Projekts haben sich die Konfirmanden der evangelischen Kirchengemeinde St. Wendel ihre Gedanken zu den Auswirkungen und der Ausgrenzung von Menschen gemacht. „Für mich war das schon schockierend. Die Menschen hatten Todesangst, unsere Religion kommt doch aus dem Judentum, Jesus war doch selbst ein Jude. Wie konnten Menschen das nur vergessen?“, klagt die 13-jährige Zoe an. Gemeinsam mit dem Graffiti-Künstler Manuel „Düse“ Dusendam kreieren die Jugendlichen auf fünf Stellwänden ein buntes Kunstwerk, welches  sie mit den vier Buchstaben „Look“ überschreiben.

„Wir wollen damit sagen, dass man die Augen aufmachen soll“, erklärt Linus (13). Denn wenn alle früher mal besser hingeschaut hätten, ergänzt Simon, dann wären Adolf Hitler und die Nazis nicht an die Macht gekommen, findet er. „Und schließlich wären keine sechs Millionen jüdische Menschen ermordet worden“, so der Konfirmand weiter. Und genau deshalb soll das Graffiti-Projekt „Look“ (deutsch: schauen, blicken) der Konfirmanden die Menschen dazu anregen und auffordern: „Damit wir heute nicht braun werden, sondern bunt bleiben“, erklärt Linus die Intension. Bereits seit dem Jahre 2009 gedenkt der Landkreis den Opfern der Reichspogromnacht.

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