Alle können in die Grundschule

Saarbrücken · Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) ist sehr zufrieden mit der Grundschulreform, auf die sich CDU- und SPD-Landtagsfraktion gestern geeinigt haben. „Ein riesiger Schritt nach vorne“, sagte Commerçon.

. CDU- und SPD-Fraktion im Saar-Landtag haben sich gestern auf eine Grundschulreform geeinigt, die den Eltern von Kindern mit Förderbedarf erstmals das Recht gibt, selbst über die Wahl der Schule zu entscheiden. "Es gibt keinen Grundschulstreit, sondern eine gemeinsame Position", sagte CDU-Fraktionschef Klaus Meiser vor Journalisten in Saarbrücken. Zuvor hatte die CDU-geführte Staatskanzlei ein Grundschul-Papier von Commerçon als dessen Meinungsäußerung bewertet. Meiser und sein Kollege Stefan Pauluhn von der SPD sagten, es habe keine Kämpfe darum in den Fraktionen gegeben, die Entscheidung sei jeweils einstimmig gefallen.

Die Reform, die 2014 starten soll, sieht vor, dass Eltern entscheiden, ob sie ihre Kinder in einer Grund- oder Förderschule einschulen. Derzeit gebe es 38 Förderschulen mit 600 Förderschullehrern und 3484 Schülern im Land, sagte Commerçon der SZ. Bis 2017 sollen die 162 Grundschulen zu derzeit 103 Förderlehrern, die oft an bis zu acht Grundschulen Förderschüler unterrichten, 142 Förderlehrer hinzubekommen. "An jede Grundschule wird mindestens ein fester Förderlehrer kommen", so Commerçon.

In Sachen Sitzenbleiben habe es einen "klassischen Kompromiss" gegeben, so der Bildungsminister, der sich nicht damit durchsetzte, das Sitzenbleiben komplett an Grundschulen abzuschaffen. So werden die Lehrer weiterhin in den Klassen 3 und 4 über die Versetzung entscheiden. Die Schuleingangsphase soll sich dagegen künftig über drei Jahre erstrecken können. Das heißt, dass Erstklässler nach einem Jahr ins dritte Schuljahr wechseln können oder bei entsprechendem Förderbedarf auch erst nach drei Jahren weiterkommen. Dabei haben die Schulen die Möglichkeit, den Unterricht in Form von jahrgangs- und klassenübergreifenden Lerngruppen zu organisieren, wie es Montessori-Schulen seit Jahrzehnten praktizieren.

Die Ziffernnoten auf den Zeugnissen bleiben an den Grundschulen bestehen. "Wir orientieren allerdings die Notengebung an der Leistungsfähigkeit des Kindes", betonte Commerçon. So kann ein Schüler, der Legasthenie hat, durchaus eine "2" in Deutsch bekommen. Zudem können die Eltern auf den Zeugnissen aus Lehrerkommentaren entnehmen, wie der Förderplan für ihr Kind aussieht. Auf Ziffernnoten zu verzichten sei nicht möglich, so Commerçon, da die Eltern das nicht mitmachten. Das sah auch der Grundschule-Experte der Gewerkschaft GEW Thomas Schulgen so, der der SZ sagte: "Es gibt noch keine Kultur für notenfreie Zeugnisse."

Die Vorsitzende der Landeselternvertretung Grundschulen Martina Maréchal-Petak sagte der SZ, die Kombination aus Ziffernnoten und Förderplänen sei eine gute Lösung. Der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband SLLV begrüßte, dass die 38 Förderschulen erhalten werden sollen. SLLV-Vizin Lisa Brausch sagte der SZ, dass es noch nicht genug Förderschullehrer gebe. "Wir warnen vor einer Billiglösung", sagte Brausch.

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