Abschalten gehört zum guten Ton

Neunkirchen. Neben Kirche und Theater gehören Restaurants zu den Orten, an denen sich die Menschen vom klingelnden Handy am meisten gestört fühlen. Jetzt will ein Stuttgarter Wirt Schluss machen mit dem Gebimmel. Im "BraunS" sind Mobiltelefone unerwünscht, schon an der Tür klebt ein Verbots-Schild

 Das Telefon einen "Handysitter" abzugeben, der es im Falle eines Anrufes an den Tisch des Gastes bringt, ist in der Gastronomie im Kreis Neunkirchen nicht üblich. Foto: dpa

Das Telefon einen "Handysitter" abzugeben, der es im Falle eines Anrufes an den Tisch des Gastes bringt, ist in der Gastronomie im Kreis Neunkirchen nicht üblich. Foto: dpa

Neunkirchen. Neben Kirche und Theater gehören Restaurants zu den Orten, an denen sich die Menschen vom klingelnden Handy am meisten gestört fühlen. Jetzt will ein Stuttgarter Wirt Schluss machen mit dem Gebimmel. Im "BraunS" sind Mobiltelefone unerwünscht, schon an der Tür klebt ein Verbots-Schild.So rigoros geht keiner der von der SZ befragten Gastronomen im Kreis Neunkirchen mit seinen Gästen um, gleichwohl bietet das Thema Handy im Restaurant jede Menge Diskussionsstoff. In der Wagner-Stube in Neunkirchen gab es sogar bis vor einigen Jahren ein Handy-Verbot, jetzt setzt Prokurist Dirk Philipp auf das gute Benehmen seiner Gäste. "Handy ist die Geißel der Menschheit", ist Philipp, der selbst im Restaurant nie ein Handy bei sich trägt, überzeugt. Aber er hat Verständnis für Geschäftsleute, die auch während ihrer Mittagspause stets erreichbar sein wollen. Die meisten Gäste, die ein längeres Telefonat erledigen müssten, würden vor die Tür gehen, berichtet Philipp. Außerdem sei der runde Stammtisch vor vielen Jahren als handyfreie Zone eingerichtet worden. Wenn hier das Telefon klingelt, muss der Angerufene eine Runde zahlen. "Eine gute Sache" finden Michael Schwenk und Thomas Streit, die gerade den Mittagstisch in der Wagner-Stube genießen. Sie haben natürlich ihr Handy dabei, aber auf "stumm" geschaltet. "Beim Essen will man Abstand gewinnen", sagen beide übereinstimmend. Da schalte man das Handy ab, das gehöre zum guten Ton. Auch wenn diesen offenbar nicht alle Gäste kennen. Markus Bastian hat sich als Gast im Restaurant schon öfter geärgert, wenn er laute Telefonate vom Nachbartisch unfreiwillig mitbekommen hat. "Aber es gibt genug Verbote in Deutschland, ich brauche das nicht."

Ähnlich sieht dies André Folschweiller, Chef des Neunkircher Restaurants Grill au bois. "Es ist nicht kundenfreundlich, etwas im Restaurant zu verbieten. Ich wollte das als auch Gast nicht", macht Folschweiller klar. In seinem Restaurant werde natürlich bei Bedarf mit dem Handy telefoniert, aber alles in vernünftigen Bahnen. Es gebe Drei-Sterne-Restaurants, in denen der Gast sein Handy einem Service-Mann abgebe, der es ihm bei einem Anruf an den Tisch bringe. Doch dies sei für normale Restaurants zu aufwändig.

In Enrico Jacopinis Weinhandel kommen mittags ebenfalls viele Geschäftsleute, um sich mit italienischen Gerichten zu stärken. "Unsere Kundschaft hat ihr Handy auf stumm geschaltet, hier nerven keine Klingeltöne", berichtet Jacopini. Und wenn geschäftlich leise telefoniert werde, sei dies kein Problem. Deshalb sehe er keine Veranlassung, dies irgendwie zu regulieren. Ihm persönlich fällt es eher negativ auf, wenn Jugendliche in Restaurants übermäßig per Handy SMS schreiben. "Es wäre höflicher, sich miteinander zu unterhalten", findet der Weinhändler. Auch seine Gäste, Nicola Bellavia und Lars Gilges, sehen das Handy nicht als Problem. "Wenn ein wichtiger Anruf kommt, gehe ich hinaus, damit andere nicht mithören müssen", sagen beide.

Grundsätzlich gibt der Hotel- und Gaststättenverband des Saarlandes (Dehoga) keine Empfehlung zum Thema Handy in Restaurants. Jürgen Becker, der Dehoga-Ausschussvorsitzende "Restaurants und Gaststätten" , sagte auf SZ-Anfrage, dass dies bisher kein Thema in dem Ausschuss gewesen sei. "Sie können heute die multimediale Erreichbarkeit niemanden verbieten." Es könne natürlich stören, wenn Gäste laut mit dem Handy telefonieren, aber der Regulierungswahn in Deutschland nehme immer mehr zu. Und ob jetzt am Nebentisch telefoniert oder sich unterhalten werde, sei im Prinzip das Gleiche.

"Es gibt schon genug Verbote".

 Auf eine entspannte Atmosphäre in seinem Neunkircher Lokal setzt Enrico Jacopini. Beim Telefonieren mit Handys halten sich seine Gäste zurück. Foto: Thomas Seeber

Auf eine entspannte Atmosphäre in seinem Neunkircher Lokal setzt Enrico Jacopini. Beim Telefonieren mit Handys halten sich seine Gäste zurück. Foto: Thomas Seeber

 In seinem Restaurant, der Wagner-Stube, telefoniert Prokurist Dirk Philipp grundsätzlich nicht mit dem Handy. Und auch die meisten Gäste gehen vor die Tür zum Telefonieren. Foto: Thomas Seeber

In seinem Restaurant, der Wagner-Stube, telefoniert Prokurist Dirk Philipp grundsätzlich nicht mit dem Handy. Und auch die meisten Gäste gehen vor die Tür zum Telefonieren. Foto: Thomas Seeber

André Folschweiller

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