Das Telefon ist immer eingeschaltet

Völklingen. Im Februar ist er umgezogen. Sein Büro liegt nun im obersten Stockwerk des Völklinger Saarstahl-Verwaltungsbaus - ein Zimmer mit Aussicht, von dort überschaut man große Teile des Werksgeländes und das Weltkulturerbe. Neu ist der prächtige Ausblick für Martin Baues freilich nicht, den hatte er auch schon als Chef der Neubauabteilung, eine Etage tiefer

Völklingen. Im Februar ist er umgezogen. Sein Büro liegt nun im obersten Stockwerk des Völklinger Saarstahl-Verwaltungsbaus - ein Zimmer mit Aussicht, von dort überschaut man große Teile des Werksgeländes und das Weltkulturerbe. Neu ist der prächtige Ausblick für Martin Baues freilich nicht, den hatte er auch schon als Chef der Neubauabteilung, eine Etage tiefer. Was hat sich für ihn verändert, seit er als "Vorstand Technik" in die Unternehmensleitung aufgerückt ist? "In der Neubauabteilung", sagt Baues, "konnte ich abends um acht das Telefon ausschalten. Das geht nicht mehr." Denn seine Verantwortung sei gewachsen: "Für einen Laden, der - mit Töchtern - 7000 Leute hat, ist das nicht ohne."Seine Aufgaben? "Erstmal muss ich dafür sorgen, dass die Produktion läuft." Hinzu kommen Forschung und Produktentwicklung. Ist Saarstahl doch spezialisiert auf hochwertige Stahlsorten für besonders anspruchsvolle Verwendungszwecke; "und da gibt es Überschneidungen mit dem Vertrieb", der Kundenwünsche mitbringt. "High-Tech-Stähle, damit verkaufen Sie immer ein Stück Technik", sagt Baues, "im Grunde verkaufen wir Technologie." Ist es dabei ein Problem, dass er der einzige Techniker im Vorstand ist? Baues lacht. Nein, sagt er. "Es gibt Leute, die sind immer auf der Ebene der einzelnen Schraube"; das sei zwar sehr wichtig, doch entscheiden müsse man anders: "Die Strategie machen wir zusammen." Schließlich gelte es, sich am Markt zu behaupten, "Stahl ist nicht mehr so einfach, wie es mal war": Es gebe - weltweit - Überkapazitäten in der Stahlproduktion. Die würden allein in Europa auf rund 30 Millionen Tonnen pro Jahr geschätzt, bei einer Gesamtkapazität von 210 Millionen Tonnen. Man müsse daher dem eigenen Unternehmen einen stabilen Platz im Markt verschaffen. Wobei man nur mit Spezialprodukten die Anlagen nicht auslasten könne; man brauche ein gut gemischtes Portfolio. "Grundgüten" aber könne man nur in besonders produktiven Anlagen wirtschaftlich herstellen; "in einer Hochleistungsstraße wie in Burbach können wir auch 'Brot- und Butter-Qualitäten' machen", sagt Baues. Und strahlt dabei.

Die Produktion am Laufen zu halten, ist freilich viel komplizierter, als es klingt. Denn was Saarstahl jeweils herstellt, richtet sich nach der aktuellen Nachfrage, verändert sich ständig. "Jeden Freitag haben wir Produktionskonferenz", sagt Baues. Den Vorsitz führe der Leiter der Produktionssteuerung, "für den Job braucht man Nerven": Jede Woche müsse neu organisiert werden, dass die nötigen Materialien, Gerätschaften, Fachleute zur rechten Zeit am rechten Ort sind.

Aus dem Bürofenster schaut Baues auch auf die Schmiede. Hat Saarstahl mit dem 450-Millionen-Euro-Neubau - dabei hat Baues es geschafft, Zeit- und Kostenplanung perfekt einzuhalten - aufs falsche Pferd gesetzt? Nein, sagt Baues energisch. Zwar hätten sich die Umsatzerwartungen noch nicht erfüllt. Doch "die Welt hat Hunger nach Energie", mittelfristig werde die Nachfrage nach Schmiedeprodukten für Kraftwerke wieder steigen: "Wenn Sie alle Kraftwerke der Erde erneuern, haben wir erstmal 30 Jahre zu tun." "Im Grunde verkaufen wir Technologie."

Martin Baues, Vorstand Technik bei Saarstahl

Zur Person

Martin Baues, 1960 in Völklingen geboren, wuchs in Wehrden auf. Nach dem Elektrotechnik-Studium in Saarbrücken arbeitete er bei der AEG, lernte so die Schwerindustrie der Region kennen. 1992 wechselte er in die Neubauabteilung der Saarstahl AG, 2001 übernahm er deren Leitung. Seit Februar 2012 ist er im Saarstahl-Vorstand. Er lebt mit seiner Familie auf dem Sonnenhügel. Seine Hobbys: Laufen und Lesen. dd

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort