Nachts geschlossen – was dann?

Saarbrücken/Kleinblittersdorf · Zwei Saarbrücker Polizeidienststellen tragen ein ungeliebtes Etikett: B-Inspektion. Das heißt: Schrumpfkur beim Personal. Sein Erfahrungsschatz wird mit den Pensionären verschwinden. Und die Verstärkung reißt woanders Lücken.

 Polizeigebäude, die künftig nachts oft zugesperrt sind: die Inspektion Alt-Saarbrücken und die Inspektion Brebach. Fotos: Becker&Bredel

Polizeigebäude, die künftig nachts oft zugesperrt sind: die Inspektion Alt-Saarbrücken und die Inspektion Brebach. Fotos: Becker&Bredel

Eine Stadt, vier Polizeidienststellen, viele Fragen. Die Inspektionen St. Johann, Burbach, Alt-Saarbrücken und Brebach tragen seit der Reform zwei Etiketten. A-Inspektion: Das ist St. Johann als eine der größten Polizeidienststellen in Südwestdeutschland. Rund 100 Beamte sorgen dort im Wach- und Streifendienst (WSD) für die wichtige Präsenz in der Fläche. 70 WSDler hat die zweite A-Inspektion Burbach.

Doch tatsächlich sind ja weniger Leute da. Teilzeit, Elternzeit, Mutterschutz, Urlaub, Fortbildung und Krankheit verringern die Teamstärke. Das trifft umso mehr zu auf die B-Dienststellen Alt-Saarbrücken am Ludwigsplatz (27-köpfiger WSD) und Brebach (26) an der Saarbrücker Straße. Sie sollen weiterschrumpfen. Was das heißt, wollten wir vom Landespolizeipräsidium wissen.

Zunächst zum Auslöser aller Personalpläne - und -probleme: Die Polizei des Saarlandes soll als Beitrag zur Schuldenbremse bis 2020 300 Stellen abbauen, davon 150 bei den Polizeiinspektionen. Liegt die Zahl der WSD-Mitarbeiter einer PI unter 25, ist Rund-um-die-Uhr-Betrieb nicht möglich, sind Schließzeiten die Folge. Drei sind es schon heute pro Woche in Brebach. Ab Frühjahr 2017 sollen alle B-Inspektionen nur noch 20 Mitarbeiter im WSD haben. Das bedeutet je sechs Nachtschließungen pro Woche von 22 Uhr bis 6 Uhr. Während der Schließzeiten in Alt-Saarbrücken soll sich die Partner-PI Burbach mit um Ersuchen kümmern, bei Anliegen aus dem Brebacher PI-Gebiet rücken Leute der PI St. Johann aus. Dabei haben die kleinen Saarbrücker Dienststellen große Aufgabenkataloge. Brebach zeichnet sich durch die Mischung hauptstädtischer und eher ländlicher Gebiete, verbunden mit der Grenznähe aus. Die PI Alt-Saarbrücken ist zuständig für Veranstaltungen auf dem Messegelände, sichert Demos am Landtag, schützt die Staatskanzlei und sorgt für Sicherheit bei großen Verhandlungen an den Gerichten. Beide Inspektionen arbeiten eng mit der Police Nationale und der Gendarmerie zusammen, etwa bei Großkontrollen.

Klar ist inzwischen: Alle Saarbrücker Dienststellen haben so viel zu tun, dass für die großen, St. Johann und Brebach, die Schließzeiten in Brebach und Burbach nicht einfach mitzuerledigen sind.

Allein im Bezirk der PI Alt-Saarbrücken wenden sich pro Woche 150 bis 160, im Gebiet der PI Brebach 120 bis 125 Bürger an die Polizei , weil sie Hilfe brauchen. Wie überall im Land bekommt während der Woche und an Samstagen der Früh- und Mittagsdienst die meisten "Interventionsersuchen". Samstags hat in den B-Inspektionen der Nachtdienst so viel zu tun, dass eine Schließung nicht drin ist. Jetzt zeichnet sich Verstärkung ab, die Operative Einheit Saarland (OpE SL) aus mehreren Gruppen von Polizeibeamten. Zwei je 18-köpfige Teams arbeiten ab März 2017 in Saarbrücken. Die OpE Saar 1 soll die PI St. Johann unterstützen, die OpE Saar 2 die PI Burbach. Das WSD-Personal soll sich auf Ersuchen der Bürger konzentrieren, während die OpE-Teams Demos sichern und andere Sondereinsätze leisten. Sonst können die OpE-Leute mit den Kollegen vom WSD Streife fahren und Straftaten durch Präsenz verhindern. Eine Abkehr vom Personalabbau ist das nicht. Die OpE-Beamten kommen aus den Inspektionen und hinterlassen dort Lücken. Und die sollen junge Nachwuchskräfte nur "weitgehend" stopfen.

Meinung:

Schluss mit diesem Sparkurs !

Von SZ-Redakteur Frank Kohler

Zu wenige Leute, zu viele Überstunden, Kriminalität in immer neuen Formen, Bürger die sich mit ihren Ängsten und Problemen allein gelassen fühlen. Nein, das klingt nicht nach ruhigen Zeiten für die Saar-Polizei. Der Personalabbau hat einen einzigen Grund: Die Polizei soll weniger Geld kosten. Das ist ihr Beitrag zur Schuldenbremse . Aber er ist teuer erkauft. Den Preis bezahlen die Beamten in den Wach- und Streifendiensten. Diese Menschen geben den Bürgern das Gefühl, dass die Polizei rund um die Uhr an ihrer Seite ist. Doch sollen die Wach- und Streifendienste in den B-Inspektionen schrumpfen. Wer in Pension geht, bekommt keinen jungen Nachfolger. Wer auf andere Stellen wechselt, muss nicht zwingend ersetzt werden. So schwindet unablässig etwas Wertvolles. Denn die Dienstgruppen in den Wach- und Streifendiensten haben einen Erfahrungsschatz, den sie hegen und ständig an Neue weitergeben. Diese Leute kennen ihre Pappenheimer und wissen, wie sie ihnen beikommen. Diese Kontinuität darf nicht abreißen. Der Sparkurs gefährdet aber den Erfahrungsschatz. Und die Bürger zahlen drauf. Schluss damit!

Zum Thema:

Auf einen Blick Der Dienstbezirk der PI Alt-Saarbrücken erstreckt sich auf die Stadtteile Alt-Saarbrücken und St. Arnual, der Dienstbezirk der PI Saarbrücken-Brebach auf die Stadtteile Schafbrücke, Scheidt, Bischmisheim, Ensheim, Brebach-Fechingen, Eschringen, Güdingen und Bübingen sowie auf die Gemeinde Kleinblittersdorf. Beiden Dienststellen sind ein Wach- und Streifendienst sowie ein Ermittlungs- und Servicedienst angegliedert, der PI Saarbrücken-Brebach zusätzlich noch der Polizeiposten Kleinblittersdorf. Der Dienstbezirk der PI Alt-Saarbrücken umfasst eine Fläche von 16,5 Quadratkilometern, der Dienstbezirk der PI Saarbrücken-Brebach ist 86,8 Quadratkilometer groß. red

Zum Thema:

Stichwort Welche Telefonnummer sollten Bürger bei Bedarf wählen? Wer dringend die Hilfe der Polizei braucht, sollte immer den Notruf 110 wählen. Er läuft aus allen Landesteilen bei der Führungs- und Lagezentrale (FLZ) in Saarbrücken auf. Der Einsatz wird nach jeweiliger Einzelfallbewertung von dort für die zuständigen Einsatzkräfte disponiert. Wird die Amtsnummer der PI Saarbrücken-Brebach (0681) 9 87 20 während einer Schließzeit angewählt, so ist diese auf die Partner-A-Inspektion Saarbrücken-St. Johann umgeleitet. Die PI Alt-Saarbrücken wird nach wie vor, und zwar wegen der Bewachung der Staatskanzlei, nachts mit Polizisten besetzt sein. Daher ist die Dienststelle auch während der Schließzeiten unter Tel. (06 81) 5 88 16 40 erreichbar. red

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