„mobisaar“ ist bereits Alltag

Saarbrücken · Mit „mobisaar“ möchte das Saarland Älteren und Behinderten die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs erleichtern. Das Projekt klingt so gut, dass die Bundesforschungsministerin mal schauen kam.

 Körperbehinderte machten die Ministerin (links) auf ihre Forderung nach einem barrierefreien Nahverkehr aufmerksam. Foto: Iris Maurer

Körperbehinderte machten die Ministerin (links) auf ihre Forderung nach einem barrierefreien Nahverkehr aufmerksam. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Das meiste Geld vom Bund bekommt das Saarland, weil es so bedürftig ist. Manchmal aber auch für seine interessanten Ideen. So hat gestern Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU ) ausdrücklich den gehaltvollen Förderantrag gelobt, mit dem vom Land Unterstützung für sein Projekt "mobisaar" begehrt wurde. Und siehe da, es gibt aus Berlin in den nächsten vier Jahren insgesamt 4,8 Millionen Euro, das ist mehr als die Hälfte der auf acht Millionen Euro veranschlagten Kosten.

Die Ministerin besuchte gestern im Zuge ihrer "Sommerreise" die Landeshauptstadt, um an Ort und Stelle zu sehen, was es mit "mobisaar" auf sich hat. Ihre Tour steht unter dem Motto "Zukunft des Alterns", und da passte Saarbrücken genau hinein, weil "mobisaar" den Anspruch hat, den öffentlichen Personennahverkehr für Ältere und Behinderte mit einem Lotsenservice (durch geringfügig Beschäftigte und Ehrenamtler) und technischer Unterstützung (zum Beispiel eine Fahrgast-App) besser nutzbar zu machen. Auch Bewohner ländlicher Regionen, die kaum ans Busnetz angebunden sind, sollen profitieren.

"Mobisaar" hat vor drei Jahren in Saarbrücken als "mobia" begonnen und soll nun im ganzen Land verbreitet werden. Nach dem Regionalverband möchte man den Saarpfalz-Kreis und danach die Landkreise Saarlouis, Neunkirchen, St. Wendel und Merzig einbinden. Projektpartner sind vor allem die Saarbahn GmbH als Koordinator und Verantwortlicher für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem das Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, die Softwarefirma B2M, die Saarländische Nahverkehrs-Service GmbH, die Neue Arbeit Saar gGmbh, der Sozialverband VdK , die Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt sowie die Bahnhofsmission (Diakonisches Werk und Caritas ).

Sie alle hatten gestern Vertreter entsandt, als der Besuch aus Berlin am Saarbahn-Betriebshof in der Malstatter Straße vorrollte - auf die Minute pünktlich. Das Saarland war durch Vize-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD ) vertreten, die Landeshauptstadt durch Bürgermeister Ralf Latz (SPD ). Die Beschreibung des Projektes "mobisaar" geriet etwas unübersichtlich, weil sie auf mehrere Redner verteilt war; einer schaffte es sogar, den Butterkuchen eines bekannten Bäckers in den Vortrag einzubauen. Immerhin verlief alles zügig und entspannt. Das Wichtigste war die eigens organisierte Stadtbus-Fahrt der ganzen Gruppe zu einer "mobisaar"-Kundin, einer echten wohl gemerkt, nämlich Hildegard Schneider aus Alt-Saarbrücken, die nach einem Beckenbruch nur mit dem Rollator raus kann und Hilfe braucht, damit sie den Bus in die Innenstadt kriegt. Hier konnte Johanna Wanka sehen, dass "mobisaar" nichts Theoretisches ist, sondern im Alltag von - derzeit schon 120 - Menschen angekommen.

Der saarländische Ableger des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) machte am Rande des Besuches darauf aufmerksam, dass Mobilitätseingeschränkte im Saarland einen deutlich leichteren Alltag hätten, wenn Bushalte stellen barrierefrei und nicht zugeparkt wären, wenn die freundlichen Busfahrer auch Zeit und eine Rampe an Bord hätten, um einem Rollstuhlfahrer hinein zu helfen oder wenn die Unternehmen von ihrer Weigerung abrückten, E-Scooter wegen vermeintlicher Kippgefahr zu transportieren.

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