Franzenbrunnen Ein Brunnen der Versöhnung

Saarbrücken · Mehrere Geschichten aus dem Deutsch-Französischen Krieg ranken sich um den Saarbrücker Franzenbrunnen.

 Mitglieder der Bürgerinitiative Franzenbrunnen feiern, dass der mehr als 300 Jahre alte Brunnen in seinem ursprünglichen Zustand wiederhergestellt worden ist. Foto: Wunderlich

Mitglieder der Bürgerinitiative Franzenbrunnen feiern, dass der mehr als 300 Jahre alte Brunnen in seinem ursprünglichen Zustand wiederhergestellt worden ist. Foto: Wunderlich

Foto: Wunderlich

Dieser Saarbrücker Brunnen gehört zu den wenigen im Stadtgebiet, die von einer natürlichen Quelle gespeist werden. Gratis spendet er frisches Wasser aus dem Boden. Wenn es länger nicht geregnet hat, sind es - so wie gestern - schon mal nur ein paar Tropfen in der Minute. Dennoch gehört er zur Sorte „Klein, aber oho“. Denn der „Franzenbrunnen“ gibt nicht nur der kleinen, teils noch kopfsteingepflasterten Straße, an dem liegt, ihren Namen, sondern mittlerweile auch einem neuen Wohngebiet, das „Am Franzenbrunnen“ entsteht.

Doch warum heißt der Brunnen überhaupt „Franzen“? Um seinen Namensursprung ranken sich viele Legenden. Bernd Schabbach hat sie mal zusammengetragen. Der Saarbrücker wohnt nur einige Meter entfernt vom Brunnen im sogenannten Tiroler Viertel, das seltsamerweise so heißt, obwohl die meisten Straßennamen in diesem Viertel nach Lothringer Gemeinden heißen. Hat das „Franzen“ etwas mit „Franzosen“ zu tun? Könnte sein. Denn der Spicherer Berg, an dessen Hängen und Fuß im August 1870 die schwere Schlacht im Deutsch-Französischen Krieg tobte, ist nicht weit. Hier versorgten damals mutige Zivilistinnen wie Katharina Weißgerber, die „Schultze Kathrin“, verwundete Soldaten – egal welche Uniform sie trugen –  mit frischem Wasser, das sie von einer nahegelegen Quelle herbeiholten.

„Vielleicht ist auch an der Geschichte, dass ein preußischer Soldat die Feldflasche eines verwunden Franzosen am Franzenbrunnen mit kühlem Wasser gefüllt hat, ein Fünkchen Wahrheit“, meint Schabbach. Andererseits lässt sich im Stadtarchiv schon eine Grundstücks-Bezeichnung „bey frantzenborn“ von 1635 finden, erklärt Schabbach. Naheliegender sei deshalb, dass ein Saarschiffer namens Frantz, dem das Grundstück gehörte, auf dem die Quelle zutage trat, auch deren Namensgeber war. Seit mindestens 382 Jahren müsste diese Wasserstelle demnach schon existieren. Wie sie damals aussah, weiß man nicht.

Ein Foto aus dem Jahre 1895 zeigt den Franzenbrunnen in vermeintlich ländlichen Idylle. An einem eckigen steinern Brunnentrog mit einem eckigen Stein dahinter hat sich da ein Mann mit seinem Boxerhund zu einer Rast niedergelassen, im Schatten von zwei großen Bäumen. Hinter ihm erstrecken sich unbebaute Felder. Doch wie die Beschriftung verrät, war dort ein großer militärischer Exerzierplatz.

Im Laufe der Zeit hat sich das Umfeld des Brunnens stark verändert, zuerst mussten die Pappeln einem Bunker weichen. Und nach dem Zweiten Weltkrieg sei der Franzenbrunnen nur noch den Alt-Saarbrückern ein Begriff gewesen, sagt Schabbach. Als die Stadt 1996 erstmals beschloss, dort ein Neubaugebiet namens „Franzenbrunnen“ anzulegen, gründeten die Bewohner der umliegenden Viertel eine Bürgerinitiative, um das Areal als Naherholungsgebiet zur bewahren. Dabei besannen sie sich auf den alten Brunnen, der inzwischen verwahrlost im Gebüsch einen „Dornröschenschlaf“ schlief.

Als bei Grabungs- und Abrissarbeiten ein alter, zerstörter sandsteinerner Brunnentrog und die Brunnenhaube mit einer eingemeißelten Jahreszahl von 1834 gefunden wurde, sammelten sie Geld für seine Restaurierung und machten ihn zum Symbol ihres Protests. Die Wiedereinweihung des Brunnens 1998 feierten die Bürger mit einem Fest. Bald werden die alteingessenen Anwohner neue Nachbarn bekommen, in der neuen Kita „Am Franzenbrunnen“ spielen schon Kinder. Aus dem Brunnen im ehemaligen Kriegsgebiet könnte bald erneut ein Brunnen der Versöhnung werden. Vielleicht ja mit einem großen Brunnenfest.

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