Freejazzer pilgern nach Saarbrücken Es lebe die Freiheit des Jazz!

Saarbrücken · Das Saarbrücker Freejazz-Festival ist mit einem großen Schritt aus den Kinderschuhen gestiegen. Am 21. März starten ein paar Tage voller hochkarätiger Gastspiele.

 Das Trio Mendoza/Dikeman/Govaert spielt am ersten Festivaltag.

Das Trio Mendoza/Dikeman/Govaert spielt am ersten Festivaltag.

Foto: Mondoza/mendoza

Fachmedien im In- und Ausland berichten, es gibt deutschlandweite Kartenbestellungen: „Schon im Vorfeld erfährt unser Festival eine sehr große Resonanz“, freut sich Stefan Winkler. Kein Wunder, dass der künstlerische Federführer und seine Mit-Organisatoren Christof Thewes, Hans Husel und Thomas Geisler erwartungsselig ihrem „4. Freejazz-Festival Saarbrücken“ entgegenfiebern: Fünf Tage lang, von Mittwoch, 21. März, bis Sonntag, 25. März, bietet das Treffen freie Improvisation der Spitzenklasse an verschiedenen Spielorten.

Ein solch pralles und spannendes Programm ist nur möglich, weil den Saarbrücker Free-Enthusiasten erstmals vom „Musikfonds“, einer Initiative des Deutschen Musikrats und weiterer namhafter Förderer, unter die Arme gegriffen wird. „Aufgrund unseres überzeugenden Gesamtkonzeptes und der Qualität unserer vergangenen Editionen ist das Freejazz-Festival vom Kuratorium des Musikfonds zur Förderung ausgewählt worden“, erzählt Winkler. Die Bundesmittel seien als „Türöffner“ gedacht; und sie lassen ihn, Thewes, Husel und Geisler, optimistisch bereits in Richtung künftiger Festival-Jahrgänge blicken.

Doch zur aktuellen Ausgabe: Unter der Überschrift „Celebrating the 50th birthday of Machine Gun“ wird hier kein Geringerer als der Saxofonist Peter Brötzmann im Fokus stehen. Anno 1968 nahm Brötzmann jenes Album auf, das als Meilenstein des europäischen freien Jazz gilt.

Den Star haben die Saarbrücker Festivalmacher nun für den Final-Abend auserkoren: Brötzmanns Partner am Samstag, 24. März, im Filmhaus ist der niederländische Schlagwerker und Free-Pionier Han Bennink – er gerbte bereits vor einem halben Jahrhundert im Brötzmann-Oktett für „Machine Gun“ die Felle. Brötzmann und Bennink, zwei epochale Innovatoren live in Saarbrücken.

Vor die beiden Haupt-Festivaltage haben die Planungsstrategen zunächst einen „Auftakt“ (Mittwoch, Stiftung Demokratie) postiert, mit einem Vortrag. „Freiheit und Disziplin“ überschreibt der Kölner Musikverleger und Konzertveranstalter Felix Klopotek seine „Überlegungen zum Free Jazz als einer höheren Form der Komposition“.

Donnerstags folgt im Kino Achteinhalb ein cineastischer „Prolog“, mit Peter Sempels Musikdokumentation „Rohschnitt Peter Brötzmann – eine Jazz-Odyssee von Wuppertal bis China“ (D 2014). Ferner erklingt an dem Abend Improvisationsmusik von Uwe Oberg (Klavier) und Silke Eberhard (Saxofon).

Eifrig im Live-Einsatz fürs eigene Jazzfest ist Christof Thewes aus dem Leitungsteam: An diesen beiden Eröffnungsabenden musiziert Thewes mit seiner „Spielraum-Workshopband“ (Performance „Tanz der Komödianten) und der „Spielraum-Filmband“ (zum Science-
Fiction-Streifen „Wunder der Schöpfung“; D 1925). Mit seinem Ensemble „Yahoos“ eröffnet Christof Thewes (Posaune) den 1. Festivaltag (Freitag, Kleines Theater im Rathaus), diesmal ist das Quartett um Martin „Schmiddi“ Schmidt (E-Bass) erweitert.

Seit 2011 frönen der Kosmopolit Tobias Delius (Saxofon; aus Oxford) und der Schlagzeuger Christian Lillinger (aus Brandenburg; SWR-Jazzpreis 2017) gemeinsam dem freien Fantasieren und erregen mit ihrem temperamentvollen Miteinander Aufsehen in der Szene.

Zum Abschluss des Freitags begrüßt das amerikanisch-niederländische Trio Ava Mendoza (E-Gitarre; aus Miami)/John Dikeman (Saxofon; Rushville)/Onno Govaert (Schlagzeug; Kaatsheuvel) als Gast den Londoner Kontrabassisten und Komponisten Barry Guy.

Der zwischen Klassik, Jazz und Avantgarde heimische Barry Guy (unter anderem London Jazz Composers Orchestra, Parker-Guy-Lytton) zählt zu den wichtigsten britischen Kontrabassisten und leitet hier auch den 2. Festivaltag (Samstag, Filmhaus) ein, und zwar im Trio mit seinem langjährigen Londoner Partner Paul Lytton (Schlagzeug) und der jungen dänischen Saxofonistin Mette Rasmussen.

 Han Bennink vom Duo Brötzmann/Bennik in Aktion.

Han Bennink vom Duo Brötzmann/Bennik in Aktion.

Foto: Brötzmann-Bennik
 Die Saxofonistin Mette Rasmussen spielt am zweiten Festivaltag.

Die Saxofonistin Mette Rasmussen spielt am zweiten Festivaltag.

Foto: Rasmussen
 Lokalmatador Christof Thewes ist natürlich auch mehrfach beim Festival im Einsatz.

Lokalmatador Christof Thewes ist natürlich auch mehrfach beim Festival im Einsatz.

Foto: Alexander Schaffer

Vor dem Kehraus mit Brötzmann/Bennink lässt sich der aus Saarlouis stammende, längst von Berlin aus wirkende Olaf Rupp in einer Viererformation hören: Rupp ist ein außergewöhnlicher Gitarrist; das reicht von der nahezu senkrechten Haltung des Instruments bis hin zu den faszinierenden Tontrauben, die sein Spiel unverwechselbar machen. Mit-Improvisatoren Rupps sind hier der Cellist Tristan Honsinger (USA), der Kontrabassist Antonio Borghini (Italien) und der österreichische Schlagzeuger Rudi Fischerlehner.

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