„Zahlen und Daten bekommen ein Gesicht“

St Ingbert · „Spurensuche“ ist eine Ausstellung, die sich mit menschlichen Schicksalen beider Weltkriege beschäftigt. Auf 24 Stellwänden wird Geschichte für die jüngere Generation erlebbar gemacht.

 Der Landesvorsitzende des VdK, Werner Hillen, und Zeitzeugin Doris Deutsch ließen beim Vortrag zur Ausstellung „Spurensuche“ am Leibniz-Gymnasium Geschichte lebendig werden. Foto: Jung

Der Landesvorsitzende des VdK, Werner Hillen, und Zeitzeugin Doris Deutsch ließen beim Vortrag zur Ausstellung „Spurensuche“ am Leibniz-Gymnasium Geschichte lebendig werden. Foto: Jung

Foto: Jung

. Die vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VdK) konzipierte Ausstellung "Spurensuche" über Menschenschicksale der beiden Weltkriege machte jetzt zwei Wochen Station im Leibniz-Gymnasium. Im Rahmen eines Geschichtsprojekts der Edith-Stein-Schule Friedrichsthal recherchierten Schüler Lebensläufe von gefallenen Soldaten und deren Hinterbliebenen. Auf den 24 Stellwänden werden aber auch einige der vom VdK betreuten Gedenkstätten und Gräberfelder vorgestellt. Zu einer Einführungsveranstaltung kamen am Dienstag der Vorsitzende des Landesverbandes Saar des VdK, Werner Hillen, und Doris Deutsch, eine 1937 geborene Zeitzeugin, in die Koelle-Karmann-Straße. "Als mir die Ausstellung vorgestellt wurde, fand ich besonders spannend, dass wir Zeitzeugen erleben werden, das ist etwas Ungewöhnliches, denn der letzte Krieg bei uns ist ja schon 70 Jahre her", so Geschichtslehrer Philippe Imbsweiler.

Sein Großvater sei drei Tage vor Ende des Zweiten Weltkrieges gefallen und andere Verwandte als Versehrte aus dem Krieg zurückgekommen, erzählte er den Neuntklässlern. Diese persönliche Betroffenheit und die Geschichten und Erlebnisse der Referenten oder der Personen, die per Bild und Text auf den Aufstellern zu Wort kommen, machten Geschichte für die jüngere Generation erlebbar. Sie erfuhren aber auch, dass sich der VdK um 832 Kriegsgräberstätten mit rund 2,7 Millionen toten Soldaten kümmert und jährlich immer noch 40 000 Gebeine gefunden werden, von denen ein Drittel Personen zugeordnet werden können. So bekommen Familien Gewissheit, können ihre Trauer besser bewältigen und haben mit dem Fund auch einen Ort, an dem sie ihrer Angehörigen gedenken können.

Durch die Erzählungen von Doris Deutsch, deren verstorbenen Mann Alex Holocaust-Überlebender war und selbst bis zu seinem 97. Lebensjahr noch als "Friedensbotschafter im Saarland" an Schulen ging, bekamen die Jugendlichen einen persönlicheren Bezug zu einer Zeit, die die meisten nur aus dem Geschichtsbuch oder Filmen kennen. Um so wichtiger war und ist es, Erinnerungen hochzuhalten. Deutschs Vater, der ebenfalls im Zweiten Weltkrieg fiel, schrieb 63 Feldpostbriefe an seine Frau, aus denen Doris Deutsch Passagen vorlas. Auch das eine Möglichkeit, Geschichte lebendig werden zu lassen. Die Aufklärungsarbeit, die der VdK mit vielen Akteuren leistet, sei auch darauf ausgerichtet, Empathie zu erzeugen und beizutragen, dass von europäischem Boden keine Kriege mehr ausgehen. Anhand eines Schicksals einer Mutter, die drei ihrer vier Söhne im Krieg verlor, zeigte die Ausstellung exemplarisch, welchen Einschnitt solch kriegerische Auseinandersetzungen für viele Familien der damaligen Zeit bedeuten konnte.

"Zahlen und Daten bekamen durch diesen Vortrag ein Gesicht", so die Pressebeauftragte des Leibniz-Gymnasiums, Margitte Roth-Reiplinger, "ich wünsche mir, dass ihr aus der Vergangenheit lernt. Ihr seid mit dafür verantwortlich, dass so etwas nie wieder passiert".

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