St. Ingberter Flüchtlinge kochen für Obdachlose

St Ingbert · Auch Deutschland ist kein Paradies und schon gar kein Schlaraffenland. Die konkrete Anschauung dazu erhielten syrische Flüchtlinge aus St. Ingbert im Saarbrücker Kältebus. Zuvor hatten sie allerdings für die Obdachlosen dort Leckeres aus ihrem Heimatland gekocht.

 Deutsche und Syrer kochten für die Besucher des Kältebusses in Saarbrücken. Mamoun, Hussein und Majed (von links) bereiteten unter anderem einen Kebab Aleppo zu. Foto: Cornelia Jung

Deutsche und Syrer kochten für die Besucher des Kältebusses in Saarbrücken. Mamoun, Hussein und Majed (von links) bereiteten unter anderem einen Kebab Aleppo zu. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung

Am vergangenen Samstagmittag roch es in einer Küche des Flüchtlingswohnheims in der Kaiserstraße lecker. Jörg Baumann, ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer, hatte Zwiebeln geschnitten, es liefen Tränen. "Fiyas hat auch Zwiebeln geschnitten, aber nicht geweint", zeigte Hussein lachend auf seinen jungen "Kollegen", der gerade in einem Topf mit Soße rührte, der auf dem Herd vor sich hin kochte. Die Männer hatten Spaß und das, obwohl, oder vielleicht gerade weil sie nicht für sich selbst Essen zubereiteten. Denn das, was in dieser Küche mit der Hilfe von zwei Deutschen und vier Syrern entstand, war als Spende für den Kältebus in Saarbrücken gedacht. Mit viel Liebe bereiteten die Männer einen "Kebab Aleppo" zu: gewürzte Hackfleischrollen garniert mit Pistazien, mit Soße übergossen und in einer Auflaufform im Ofen gebacken

"Chefkoch" Mamoun ist 52 Jahre alt, seit acht Monaten in St. Ingbert und Rechtsanwalt, ebenso wie Fiyas (31) und Hussein (38). Der 45-jährige Majed ist eigentlich Buchhalter und half an diesem Tag ebenfalls als "Küchenjunge" bei der Zubereitung der Speisen, die für rund 20 Obdachlose reichen soll. Jörg Baumann ist immer im Gespräch mit den neuen Mitbürgern und hat beobachtet, dass manche der Flüchtlinge natürlich gerne ein Auto, Wohnung, schicke Sachen oder andere Dinge besitzen würden, ihnen aber erklärt, dass es auch in Deutschland arme Menschen gebe. Das war ihnen neu, hatten sie Deutschland doch für ein reiches Land gehalten. Es interessierte sie, warum die Menschen keine Wohnung haben oder kein Geld. Baumann brachte den Kältebus als Beispiel der Hilfe von Ehrenamtlichen ins Spiel. "Da wollten die Flüchtlinge spontan was tun. Zuerst hatten wir uns überlegt, einen Dienst im Bus zu übernehmen", so Baumann, "doch das gestaltete sich schwierig. Uns wurde aber gesagt, dass die Menschen sich immer sehr über ein warmes Abendessen freuen." So suchte man sich kurzerhand einen offenen Termin in der Spender-Liste aus und los gings.

Bündnis half finanziell

Das St. Ingberter "Bündnis für Weltoffenheit,Vielfalt und Toleranz" unterstützte die Idee und den Zutatenkauf finanziell. "Heute wird an mehreren Fronten gekocht", sagte der Sengscheider Ehrenamtler, der sich einen Plan gemacht hatte, mit wem er wann die afrikanische Lasagne bei seinen eritreischen Nachbarn und den Kuchen bei den syrischen Freunden am Alten Friedhof abholen musste, um rechtzeitig abends am Römerkastell in Saarbrücken zu sein. Von jedem Koch- oder Backteam war mindestens ein Vertreter am Abend bei der Essensübergabe dabei. "Das ist sehr gut angekommen. Die Leute fanden unser Essen echt Spitze und es war auch schnell weg", erzählte Baumann im Nachhinein.

Eineinhalb Stunden sei man dort gewesen und nach anfänglicher Zurückhaltung seien die Flüchtlinge mit den Nutznießern des Essens ins Gespräch gekommen. Man habe sich so zum Beispiel über die Wohnsituation ausgetauscht und wie das Angebot an bezahlbarem Wohnraum ist. Ein Thema, das beide Seiten gleichermaßen beschäftigt. "Die Flüchtlinge waren überglücklich, mit ihrer Kochaktion Freude bereitet und daran teilgenommen zu haben", sagt Jörg Baumann.

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