Junge Menschen auf „Banktour“

St Ingbert · Geldgeschäfte jenseits des Baren sind für Jugendliche zunächst ein Buch mit sieben Siegeln. Damit sie nicht gleich schwere Fehler machen, hat die Verbraucherzentrale die Initiative ergriffen. Am Berufsbildungszentrum (BBZ) St. Ingbert waren auch junge Flüchtlinge in das Projekt einbezogen.

 Ein Teil der Flüchtlingsklasse am Berufsbildungszentrum St. Ingbert informierte sich auf der „Banktour“ in der Sparkasse über Rechte und Pflichten eines Bankkunden. Filialdirektor Stefan Ricci (Zweiter von links) beantwortete viele Fragen. Foto: Cornelia Jung

Ein Teil der Flüchtlingsklasse am Berufsbildungszentrum St. Ingbert informierte sich auf der „Banktour“ in der Sparkasse über Rechte und Pflichten eines Bankkunden. Filialdirektor Stefan Ricci (Zweiter von links) beantwortete viele Fragen. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung

Spätestens mit dem ersten eigenen Geld, das nicht mehr einfach wie das Taschengeld im Sparschwein verschwindet, stellt sich für Jugendliche die Frage nach einem Girokonto. Kosten fürs Handy und andere Rechnungen müssen überwiesen werden. Steht dieser Schritt an, wissen die wenigsten jungen Menschen, was man für die Kontoeröffnung braucht, wie alt man sein muss, zu welchen Konditionen solch ein Konto geführt wird, was passiert, wenn man die Pin vergessen oder verloren hat, oder auch, wie an die Bankauszüge heranzukommen ist. Bisher haben die Eltern viele Dinge im täglichen Leben erledigt. Das Führen eines Kontos kann eine Herausforderung sein.

Die Verbraucherzentrale (VZ) des Saarlandes möchte, unterstützt vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz , mit einem neuen Projekt die Finanzkompetenzen junger Leute stärken. Mit der "Banktour" besucht sie Schulen und will zeigen, dass es sich durchaus lohnt, verschiedene Angebote von Banken zu vergleichen. In der Pilotphase kamen nun die Mitarbeiter der Verbraucherzentrale auch ans Berufsbildungszentrum (BBZ) in St. Ingbert , nachdem sie bereits im Mannlich-Gymnasium in Homburg offene Schultüren "einrannten". Schon für deutsche Schüler war manche Information Neuland. Wie erst muss es für junge Flüchtlinge und Migranten sein? Zum Teil haben sie, wenn sie unbegleitet nach Deutschland kamen, hier Vormünder, die selbst nur wenig älter sind als sie selbst und sich auch erst im Alltag zurechtfinden müssen. "Gerade in der ersten Zeit ihres Aufenthaltes in Deutschland ist diese Zielgruppe besonders gefährdet, für sie nachteilige Verträge abzuschließen. Geringe Sprachkenntnisse führen dazu, dass schriftliche Vereinbarungen nicht oder nicht vollständig verstanden werden", hieß es in der Mitteilung der VZ. Deshalb kam auch eine von derzeit drei Flüchtlingsklassen am BBZ in den Genuss, mehr übers Bankengeschäft zu erfahren. "Macht euch bewusst, dass die Bankmitarbeiter auch Verkäufer sind", so Thomas Beutler von der VZ. Der Finanzexperte sammelte von den 16- bis 22-Jährigen Fragen, die sich rings ums Konto und um Geldangelegenheiten drehten. Mit diesem Katalog gingen sie im Anschluss in zwei Kreditinstitute in der St. Ingberter Innenstadt, um sich diese von Bankmitarbeitern beantworten zu lassen.

Von einem Dispokredit hatten die meisten noch nie gehört. Dass es Unterschiede zwischen den Banken gibt, war ihnen ebenfalls nicht bewusst. Kann ich die Karte überall in Deutschland benutzen, und wie funktioniert eine Überweisung? Kann es sein, dass ich am Automaten kein Geld bekomme, obwohl ich genügend Geld auf dem Konto habe? Solche Fragen wurden unter anderem Stefan Ricci, Filialdirektor der Sparkasse Am Markt, gestellt, der sich dafür viel Zeit nahm. Er hatte nicht mit der Wissbegierde der ausländischen Schüler gerechnet, die 20 Fragen erarbeitet hatten. Bei der "Banktour" war Anja Moses dabei, die mit den Jugendlichen und den VZ-Mitarbeitern an einem zweiten Tag das Erlebte nachbereitete. "Die Schüler haben einiges aus der Aktion mitgenommen", so die Sprachförderlehrerin, die möchte, dass das Gelernte auch den anderen Flüchtlingsklassen zugute kommt. Viele Flüchtlinge hätten niemanden, den sie fragen könnten, dann seien sie als Lehrer und Begleiter gefordert. "Da kommt zwar Zusatzarbeit auf uns zu, aber das machen wir gern", sagt die junge Frau, die seit September am BBZ für die Flüchtlinge eingesetzt ist und nun auch zur "Bankberaterin" wird. Die Schüler würden die Erkenntnisse auch Zuhause weitergeben, so dass viele von der "Banktour" profitieren. Und was haben die Schüler nun auf der "Banktour" gelernt? Für die Schüler war es neu, dass man als Kunde auch das Recht hat, in eine Bank zu gehen und Fragen zustellen. Dass sie dies vor allem selbstständig entscheiden können, ohne einen Mitarbeiter vom Sozialamt, der mit ihnen nach ihrer Registrierung zur Kontoeröffnung auf die Sparkasse gegangen ist. "Diese Tour ist eine Super-Sache und vor allem praktische Lebenshilfe", so das abschließende Urteil der Lehrerin.

Das Ergebnis der St. Ingberter Banktour wird am morgigen Dienstag dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Ulrich Kelber (MdB) in der Verbraucherzentrale in Saarbrücken vorgestellt.

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