Landhandel im Wandel der Zeit Zwischen Schüttgut und Zeitgeist

Homburg/Bliesgau · Landhandel im Wandel der Zeit: Zu Besuch im Raiffeisen-Laden von Bernhard Schild in Bliesmengen-Bolchen.

 Bernhard Schild ist im Bliesgau eine Institution geworden. Er führt den Raiffeisen-Laden in Bliesmengen-Bolchen, zu dem auch immer mehr Städter pilgern.

Bernhard Schild ist im Bliesgau eine Institution geworden. Er führt den Raiffeisen-Laden in Bliesmengen-Bolchen, zu dem auch immer mehr Städter pilgern.

Foto: Peter Gaschott

Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts Friedrich Wilhelm Raiffeisen über die Situation der Landwirte nachdachte, kam er auf die Idee des „grünen Kredits“. Bauern sollten Saatgut und Dünger mit dem Erlös der späteren Ernte bezahlen. Das Modell zur „Unterstützung unbemittelter Landwirte“ kam auf den Weg, Raiffeisen wurde zur Genossenschaft und zur Marke. 6500 Geschäfte in Deutschland tragen den Namen des Sozialreformers. Drei davon im Bliesgau.

Die unbemittelten Landwirte gibt es nicht mehr. Der Schrumpfungsprozess im Landbau hat zu wenigen großen Betrieben geführt. Zu Bauernhöfen, die hochtechnisiert riesige Flächen bestellen. Zu Lohnunternehmen, die im Schichtbetrieb oft rund um die Uhr den Landwirten mit Maschinen zur Seite stehen. Wo bleibt da der alte Raiffeisen?

Bernhard Schild führt den kleinen Raiffeisen-Laden im Saarpfalz-Kreis, in Bliesmengen-Bolchen. „Von den Bauern könnten wir heute nicht mehr leben“, erzählt er. Und in den 35 Jahren, die er für Raiffeisen arbeitet, hat sich vieles geändert. „Am Anfang waren Baustoffe der große Renner. In den achtziger Jahren hatten wir zwei Kipper-Lkws, die Sand, Steine, Schotter und andere Baustoffe fuhren. Die waren ausgelastet. Aber damals haben die Menschen hier im Gau ihre Häuser selbst gebaut, oft mit Hilfe der Nachbarn. Das ist heute nicht mehr so. Damals hatte auch jeder ordentliche Hauseigentümer irgendwo auf dem Grundstück einen Haufen Kies und Sand, falls mal etwas zu reparieren oder umzubauen war. Heute noch die große Ausnahme.“

Den Markt für Baustoffe hat Raiffeisen im Gau weitgehend anderen Händlern überlassen. Aber der Laden brummt trotzdem – mit anderen Produkten. Brennstoffe gehören dazu, „mittlerweile gehen Pellets sehr gut“, berichtet Schild, der gleichwohl Heizöl im Bliesgau als Haupt-Umsatzträger sieht. Erdgas gibt es hier kaum, die Häuser sind auf ihre Ölheizung angewiesen.

Die ländliche Umgebung bestimmt das Angebot bei Raiffeisen, selbst wenn die großen Landwirte mittlerweile ihren Bedarf sonstwo decken. Die Gartenbesitzer und Kleinlandwirte geben sich bei Schild die Klinke in die Hand. Weidezäune für die Pferde, Kaninchenställe und Futter für alle Arten von Haustieren, Werkzeuge und Gartengeräte, das sind die heutigen Renner in Raiffeisens Regalen. Schild: „In diesem Segment sind wir hier mitten in Europa. Seit es den Euro gibt, haben die Franzosen den Raiffeisenladen entdeckt.“

„Zeitgeist“ im Dorfladen auf dem Land? Schild schmunzelt. „Ja, es kommen mehr und mehr Städter, die hier ihren Bedarf decken, für den Reihenhausgarten und für ihre Haustiere. Die hier Kartoffeln kaufen und dabei ein wenig Landluft schnuppern. Die auf der Suche sind nach der Ursprünglichkeit, die die Biosphäre bietet.

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