Freunde leben in Oberfranken

Homburg · Im Jahre 1939 wurde Oberwürzbach vollständig evakuiert. Die Bewohner wurden nach Oberfranken gebracht. Fernab ihrer saarländischen Heimat mussten sie in der Fremde zurecht kommen. Es entstanden dort auch Freundschaften.

 Im Jahr 1940 kehrte ein Teil der Oberwürzbacher aus der Evakuierung zurück. Foto: Festschrift 70 Jahre Evakuierung/Repro: Wolf

Im Jahr 1940 kehrte ein Teil der Oberwürzbacher aus der Evakuierung zurück. Foto: Festschrift 70 Jahre Evakuierung/Repro: Wolf

Foto: Festschrift 70 Jahre Evakuierung/Repro: Wolf
 Eine Tafel erinnert in Oberwürzbach an die Freundschaft mit Schauenstein. Foto: Dillmann/Repro:Wolf

Eine Tafel erinnert in Oberwürzbach an die Freundschaft mit Schauenstein. Foto: Dillmann/Repro:Wolf

Foto: Dillmann/Repro:Wolf

In den vergangenen Wochen hat unsere Zeitung die mehrteilige Serie "Evakuierung 1939" veröffentlicht. Es ging dabei um die Anfang September 1939 begonnene große Räumungsaktion in vielen Orten und Dörfern des heutigen Saarpfalz-Kreises. Zwischen Altheim , Einöd, Oberwürzbach und Brenschelbach wurden Tausende evakuiert, denn sie lebten in der so genannten Roten Zone. Das bedeutete, dass sie sich im Schussfeld zwischen der französischen Maginot-Linie und dem deutschen Westwall befanden. Mehr als eine halbe Million Menschen an der Saar, in der Pfalz und in Baden wurden deshalb ins Landesinnere, meist Oberfranken , Thüringen, Mainfranken und Sachsen gebracht.

Jetzt hat sich der Oberwürzbacher Reinhold Wirtz bei uns gemeldet. Seine Geschichte reicht von Evakuierung über Freundschaft und eine besondere Rolle der damaligen Justiz. Der 72-jährige Wirtz ist "e waschechschder Owerwerzbacher". Mit dabei hat er eine Festschrift und ein gebundenes viel-beschriftetes Paragrafenwerk. Zur Festschrift: Sie trägt den Titel "70 Jahre Evakuierung von Oberwürzbach. 1./2. September 1939 bis 1./2. September 2009. Schauenstein-Oberwürzbach: Räumung der "Roten Zone im Gau Saarpfalz". Auf der Vorderseite sind auch die Gemeindewappen der beiden Orte abgebildet. "Aus Oberwürzbach wurden alle Bewohner evakuiert", sagt Wirtz, der sich im Saarland als SPD-Landtagsabgeordneter und IG-Metall-Gewerkschafter einen Namen machte.

Die meisten Bewohner kamen ins Dorf Schauenstein nach Oberfranken . Im Gegensatz zu manch andern Evakuierten aus der Saarpfalz hätten sich viele Freundschaften entwickelt. Wirtz: "Es entstand im Laufe der Jahre der Wunsch aus Oberwürzbach, eine Partnerschaft mit Schauenstein einzugehen." So geschah es. Seit dem 6. Mai 1969 gibt es bis heute regelmäßige Treffen von Familien, die von der Evakuierung betroffen waren, und von deren Nachfahren. Am 19. Juli 1989 wurde am ehemaligen Rathaus in Oberwürzbach beim Dorffest vom damaligen Ortsvorsteher Hermann Mischo und dem Schauensteiner Bürgermeister Walter Hegner enthüllt. Wirtz fand heraus, dass bereits im Dezember 1935 der ,,Reichsminister der Justiz, Dr. Franz Gürtner ", in einem vertraulichen Rundschreiben an alle Oberlandesgerichte in Nazi-Deutschland anordnete, dass ihm alle zwei Monate ein Bericht "in dreifacher Ausfertigung" über die "allgemeine Lage" einzureichen sei. Damit waren auch alle Türen geöffnet, um die Menschen in der Zone auszuspionieren. Diese Unterlagen seien bis heute nicht vollständig erforscht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort