Aktion gegen Glücksspiel Bevor aus Spiel eine Sucht wird

Homburg · Um Glücksspiel als Spiel mit dem Unberechenbaren, die im schlimmsten Fall zur existenzbedrohenden Sucht wird, ging es im Berufsbildungszentrum Homburg. Viele Schüler ließen sich auf das Infoangebot ein.

 Als "listige Glücksfee" demonstrierte Christine Maurer von "Praesent", der Fachstelle für Suchtvorbeugung und -beratung der Arbeiterwohlfahrt, beim Aktionstag "Glücksspiel" am Berufsbildungszentrum Homburg, wie schnell man am Roulette-Tisch viel setzen und alles verlieren kann.

Als "listige Glücksfee" demonstrierte Christine Maurer von "Praesent", der Fachstelle für Suchtvorbeugung und -beratung der Arbeiterwohlfahrt, beim Aktionstag "Glücksspiel" am Berufsbildungszentrum Homburg, wie schnell man am Roulette-Tisch viel setzen und alles verlieren kann.

Foto: Thorsten Wolf

Ohne Zweifel, Christine Maurer hat ihre beiden Spieler im Griff. Gekonnt lockt die Diplom-Sozialarbeiterin in Diensten von „Praesent“, der Fachstelle für Suchtvorbeugung und -beratung der Arbeiterwohlfahrt, die jungen Männer an ihren Roulette-Tisch. Es gibt was zu gewinnen – und gewinnen ist immer fein. Klar, man muss auch was einsetzen. Aber was ist schon ein Handy haben oder nicht haben im Vergleich zur Aussicht auf einen fetten Gewinn. Ali zögert nicht lange, setzt sein Handy auf „ungerade“. Maurer lässt die Kugel des Schicksals rollen – und, schwupps, weg ist Alis Handy, einkassiert vor einer „listigen Glücksfee“ Maurer, die nicht locker lässt. Warum nicht noch mal spielen, der Verlust wieder reinholen, vielleicht doch noch gewinnen, mehr haben als vorher.

Maurer hat die feinen Töne der Verlockung und der Manipulation drauf, so wie Ali lockt sie auch Tobi zum Spiel. Und es ist mehr als eine Binsenweisheit: Wäre das ein echter Roulette-Tisch, wäre Maurer nicht die, die sie eigentlich ist und gehe es um echte und tatsächlich verlorene Einsätze, dann sähe es nach einigen Stunden für Ali und Tobi wohl nicht gut aus.

Glücksspiel als Spiel mit dem Unberechenbaren, im schlimmsten Fall eine existenzbedrohende Sucht, das ist an diesem Morgen im Berufsbildungszentrum Homburg das Thema von Maurer, ihren Kollegen Ralph Dejon und Anne Vogelgesang von Praesent, Anette Blug vom Arbeitskreis gemeindenahe Suchtprävention und drei Schulsozialarbeitern. Nicht zum ersten Mal wollen sie Schülerinnen und Schüler mit einem Aktionstag auf die Gefahren von Glücksspiel hinweisen.

Der Hintergrund dieser Aktion ist dabei einigermaßen düster, denn: Zahlen aus dem Jahr 2015 weisen aus, dass zu diesem Zeitpunkt rund 2600 Saarländer glückspielsüchtig waren, weitere fast 3000 hatten nach eigener Einschätzung Probleme damit ihr Spielverhalten zu kontrollieren. Und diese Zahlen dürften sich in den vergangenen Jahren wohl kaum nach unten verändert haben. Da macht ein Aktionstag durchaus Sinn, den Online-Poker und vergleichbare, leicht von zu Hause via Internet nutzbare Spiele um Geld sind gerade für Jüngere verlockend. Doch kann man mit eben einem Aktionstag wirklich etwas erreichen? Ja, sagt Christine Maurer. „Es gibt eine Menge Schüler, die sich auf unser Informationsangebot einlassen und die für sich eine Erkenntnis rausziehen, wenn sie merken, dass sie Verluste einfahren – und so für sich feststellen, dass sie da in der Realität gar nicht erst mitmachen würden. Wir machen also ein bisschen wach und sensibilisieren.“ So erreicht man die, die vielleicht schon von vorneherein keinen großen Zug zum Glücksspiel haben. Doch was ist mit denen, die, aus welchen Gründen auch immer, anfällig sind für eine Sucht? „Wenn wir eine Affinität für eine solche Sucht feststellen, wenn wir Warnsignale erkennen, dann können wir dem Betreffenden schon entsprechende Hinweise geben und auf eine möglicherweise drohende Gefahr hinweisen.“

Und was sind solche Warnhinweise? Maurer: „Gefährlich wird es spätestens dann, wenn ich versuche, Verluste auszugleichen.“ Auch ansteigende Verschuldung und ein unbändiges Verlangen nach Spielen seien deutliche Indikatoren, dass es nicht mehr um Spaß gehe. „Und spätestens dann ist der Weg zur Beratungsstelle sinnvoll.“ Maurer weißt an diesem Morgen auch auf den gesellschaftlichen Aspekt einer Sucht hin, die oft stattfindende Ausgrenzung von Süchtigen, wenn diese gängigen gesellschaftlichen Normen nicht mehr entsprächen – im Wechselspiel mit auch wirtschaftlichen Interessen, die mit jeder Sucht verbunden sind. „Das ist eine zweischneidige Angelegenheit. Die Gesellschaft hat ja immer etwas davon, wenn die Menschen einen ‚Input‘ geben. So wird über Lotto-Einnahmen vieles mitfinanziert, auch im Bereich von sozialen Projekten.“ Damit fördere der Staat die Lust am Spiel um Geld, die Gesellschaft allerdings lasse bei denen, bei denen aus Spaß dann Sucht werde, schnell den Hammer fallen.

„Es geht immer um Gewinnen und Verluste. Und eine Gesellschaft muss sich fragen, in wie weit sie so etwas mitträgt und wo man Tür und Tor öffnet.“

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