Auf direktem Draht zum Publikum

Homburg · „Nie am Publikum vorbei spielen“, ist eine Devise des Jazzfrühschoppens in Homburg. Und das befolgten dann auch die Künstler am Samstagmorgen. Mit dabei waren Cher Ginger Baratta und Terence Ngassa, die sich nicht lange beim reinen Jazz aufhielten und stattdessen Soul und Blues einstreuten.

 Cher Ginger Baratta und Terence Ngassa gaben dem Auftritt des Willy Ketzer Trios am Samstag eine ordentliche Portion Internationalität. Foto: Thorsten Wolf

Cher Ginger Baratta und Terence Ngassa gaben dem Auftritt des Willy Ketzer Trios am Samstag eine ordentliche Portion Internationalität. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf
 Bandleader Willy Ketzer hatte mit seinem Schlagzeug alles perfekt im Griff. Foto: Thorsten Wolf

Bandleader Willy Ketzer hatte mit seinem Schlagzeug alles perfekt im Griff. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf



Wer sich die musikalische Vita des Schlagzeugers und Bandleaders Willy Ketzer durchlesen will, der sollte sich ein bisschen Zeit nehmen. Der 1951 in Bad Kreuznach geborene Ketzer gehörte unter anderem von 1977 bis 1980 zu Klaus Doldingers Passport - und spielte mit ihm unter anderem das Tatort-Titelthema ein. Danach verschrieb sich der Ausnahmemusiker dem großen Paul Kuhn und begleitete die Legende bis 2004 am Schlagwerk.

Mit dem Willy Ketzer Trio trat also ein echtes musikalischen Schwergewicht an, um am Samstagmorgen die Erfolgsgeschichte des Jazzfrühschoppen um ein weiteres Kapitel zu bereichern. Und zusammen mit ihren "international friends" Terence Ngassa an der Trompete und Cher Ginger Baratta als weibliche Stimme hatte sich das Trio (neben Willy Ketzer spielten Martin Sasse am Piano und Jens Foltynowicz am Bass) sehens- und hörenswerte Partner mit ins Boot geholt. Gemeinsame steuerte man die feinen Küsten des Jazz , Soul und Blues an, hielt mal hier, ging mal dort an Land - und verlor nie den Kurs.

Wie ein solcher Kurs zu Stande kommt, das konnte man ein gute halbe Stunde vor Beginn des Konzerts erlauschen. Da rief Ketzer seine Crew zusammen und gab per handschriftlichem Zettel und kurzen Anweisungen die "Reiseroute" vor. Die Titel wurden besprochen, Tonarten abgeglichen, es gab Nicken und Zustimmung und schon stand das samstägliche Frühschoppen-Programm. Unter den Reisezielen Tracks wie "You look good to me", "Georgia", "Route 66", "The lady is a tramp" und vieles mehr, aufgeteilt in drei Sets.

Da darf natürlich die Frage gestellt werden: "Wie viel Ketzer hat Ketzer schon morgens im Kopf, wenn es um einen Auftritt wie den in Homburg geht?" Die Antwort des Vollblutmusikers kommt prompt und eindeutig. "Man macht sich Gedanken, was man den Leuten hier so bieten kann. Wir sind ja hier nicht in einem Jazzclub, in dem man Modern Jazz oder irgendwelches krummes Zeug präsentiert." Und wie wird zwischen unkrummen Jazz , Soul und Blues gemixt? "Das muss man immer ein bisschen abwägen, man darf nie am Publikum vorbei spielen", zitierte Ketzer Paul Kuhn . "Ich schaue mir das Ganze während des Konzerts an, überschlage mal ein Nummer oder ändere etwas. Das muss man im Gefühl haben. Und das hab ich vom großen Paul Kuhn gelernt."

Ein anderer großer Name sorgte schon zu Beginn des Jazzfrühschoppens für begeisterte "Ohhs" und "Ahhs" im Publikum. Denn: Als Terence Ngassa zum ersten Mal seine Trompete vom Mund nahm und stattdessen sang, konnte man mit geschlossenen Augen Louis "Satchmo" Armstrong erhören. Ngassas Stimme hatte ein solch tiefes Vibrato, dass man schon fast befürchten musste, die Gläser auf den Tischen der Gäste würden sich gleich selbstständig machen und davon vibrieren.

Der Gegenentwurf zu Ngassas stimmlicher Reminiszenz an einen großen des Jazz waren die Auftritte von Cher Ginger Baratta. Sexy in Stimme und Präsenz und ausgestattet mit einer wunderbaren Klangfülle spann sie gleich mal ganz, ganz viele Drähte zum Publikum. Und mitten drin: Willy Ketzer an seinem Schlagzeug, der zusammen mit Martin Sasse und Jens Foltynowicz dem Morgen den richtigen Groove gab.

Für den Spielort Homburg , Ketzer war nicht zum ersten Mal Gast in der Stadt, fand der Bandleader nur lobende Worte. "Ich freue mich immer, hier zu spielen. Der Marktplatz hat eine ganz besondere Atmosphäre." Und Ketzers Credo, egal ob Homburg oder Hamburg: Gleich wo man spielt, man spielt immer mit maximaler Leistung.

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