Der LandesJugendChor Saar lässt aufhorchen Wie Filmmusik, diese saarländische „Odyssey“

Saarbrücken · Ein Werbefachmann als Komponist, unterstützt von Bernhard Leonardy und Frank Nimsgern - wird das zu einer großen Symphonie? Das Publikum feierte die Akteure.

 Horst Becker (Foto) präsentierte am 23. April in der Kirche St. Michael in Saarbrücken gemeinsam mit dem Orchestre Symhonique SaarLorraine unter der Leitung von Götz Hartmann seine Symphonie „Odyssey“.

Horst Becker (Foto) präsentierte am 23. April in der Kirche St. Michael in Saarbrücken gemeinsam mit dem Orchestre Symhonique SaarLorraine unter der Leitung von Götz Hartmann seine Symphonie „Odyssey“.

Foto: BeckerBredel

Zu „einer ganz persönlichen, musikalischen Reise zu den Tiefen meiner Seele“ hatte am Samstagabend der Hobby-Komponist Horst Becker in die Kirche St. Michael eingeladen. „Odyssey“, eine „sinfonische Reise“ wurde uraufgeführt, ein „außergewöhnlicher Konzertabend“, eine „musikalische Seelenreise voller Poesie und Emotionen“ war angekündigt. Becker, von Beruf Werbefachmann, hatte für diesen Event alle werbetechnischen Register in den Printmedien gezogen. Groß war das Interesse, die Kirchenbänke waren gefüllt, die Erwartungen groß. Doch Geduld war angesagt, denn ein lohnendes Vorprogramm sollte einstimmen, den Konzertabend komplettieren. Die üppige Kirchenakustik kam dem Adagio aus Camille Saint-Saens „Orgelsinfonie“ entgegen, hüllte die Streicherbewegungen des Orchestre Symphonique SaarLorraine, einem Amateurorchester, in fließendes Gewand, akkurat vom Dirigenten Götz Hartmann geführt. Die Orgelakkorde, die Bernhard Leonardy an der elektronischen Orgel beisteuerte, verliehen sakrale Größe. Aufhorchen ließ dann der LandesJugendChor Saar unter seinem Leiter Mauro Barbierato. Mit sauberer Intonation, durchsichtig und farbig wurden vier Chorsätze aus Lettland, England und Amerika klangschön und mit rhythmischer Perfektion vorgetragen.

Dann das Hauptwerk: Horst Beckers „Odyssey“, eine „sinfonische“ Reise. Im klassischen Sinn meint „sinfonisch“ natürlich etwas anderes, nämliche formale Prinzipien und nicht eine Orchesterbesetzung. Im Sprachgebrauch meint „Odyssee“ eine „Irrfahrt“ und nicht eine Wohlfühlreise. Dieser Eindruck zieht sich durch das elf-teilige, kleinzellige Werk, das durchgehend englisch betitelt und so international verständlich ist. Langsame Grundtempi ziehen sich durch das ganze Opus, harmonische Patterns werden deutlich, ihre Klänge wabern durchs Kirchenschiff. Frank Nimsgern hat seine Erfahrung als Musical-Schreiber eingebracht, das Werk instrumentiert und sich auch ein Gitarrensolo geschrieben, das er groovend inszenierte. Am Piano setzte, elektrisch verstärkt, Horst Becker selbst klangliche Akzente, der LandsJugendChor ergänzte das Orchester mit instrumental geführten Vokalisen.

Insgesamt entstand der Eindruck einer Breitwand-Filmmusik nach amerikanischem Vorbild. Viel Ostinato, aus dessen Klangraum sich ab und zu kleine Melodien erhoben oder ein rhythmisches Trommel-Zitat, Ravels „Bolero“, aufleuchtete. Der große Nachhall des Raumes kam dem meditativen Charakter der mantra-artigen Repetitionen entgegen, das geringe Spannungspotential wirkte kontemplativ und ließ darauf schließen, dass Beckers „Seelenreise“ weniger über Höhen und Tiefen führte, sondern harmonisch und unaufgeregt verlaufen ist. Bernhard Leonardy moderierte die Programmpunkte an, wies auf die coronabedingte Verzögerung der Uraufführung hin, warb für regen Besuch der Musikfestspiele Saar und verlieh so dem Abend auch eine weltliche Komponente. Das Publikum war sehr angetan von den musikalischen Eindrücken und feierte Komponist und Interpreten gebührend.

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