Besseres Betriebsklima im Gefängnis: Krankenstand in JVA Ottweiler gesunken

Saarbrücken/Ottweiler · Die Stimmung unter dem Personal in der Justizvollzugsanstalt Ottweiler hat sich offenbar gebessert. Die Hausspitze und das Ministerium setzen Empfehlungen einer wissenschaftlichen Studie um.

 Marco Bauer, Anstaltsleiter der JVA Ottweiler, hat bereits einige Empfehlungen einer Studie aufgegriffen, die Verbesserungen in dem Gefängnis angemahnt hatte. Foto: Rolf ruppenthal

Marco Bauer, Anstaltsleiter der JVA Ottweiler, hat bereits einige Empfehlungen einer Studie aufgegriffen, die Verbesserungen in dem Gefängnis angemahnt hatte. Foto: Rolf ruppenthal

Foto: Rolf ruppenthal

. Alarmierende Ergebnisse zu Arbeitsbedingungen , Mitarbeiterzufriedenheit und Betriebsklima in den Justizvollzugsanstalten (JVA) hat vor Monaten eine über 220 Seiten umfassende Studie des Centrums für Evaluation (Ceval) an der Saar-Universität ans Tageslicht gebracht. Unsere Zeitung berichtete im März unter der Überschrift "Frust und Missgunst hinter Gittern". Das Justizministerium versicherte damals, Empfehlungen aus der Studie würden zeitnah umgesetzt. Insbesondere die Situation bei den uniformierten Beamten im Allgemeinen Vollzugsdienst (AVD) im Gefängnis Ottweiler stand im Mittelpunkt der Kritik frustrierter Mitarbeiter.

Zwischenzeitlich scheint sich die Lage entspannt zu haben. "Der Großteil der Belegschaft wertet es positiv, dass versucht wird, die Empfehlungen aus der Studie umzusetzen", sagt Personalratsmitglied Markus Pilger. Der Frustpegel ist demnach gesunken. Dies zeige auch der am Krankenstand, der von 11,18 Prozent im Jahr 2014 auf derzeit neun Prozent gesunken ist. Anstaltsleiter Marco Bauer verweist darauf, dass der Überstundenberg deutlich von 50 000 im Jahr 2012 auf rund 27 000 abgebaut wurde. 98 Beamte sind derzeit in Ottweiler im Vollzugsdienst eingesetzt.

Die Altersstruktur ist nicht unproblematisch: Zwei Mitarbeiter sind noch keine 30 Jahre alt, 22 zwischen 30 und 40 Jahren, 33 zwischen 40 und 50. Und 41 sind älter als 50 Jahre. Damit verschlechtern sich die Chancen für Dienstältere auf eine Beförderung. Günter Matschiner, Abteilungsleiter Strafvollzug im Justizministerium, betont, der Anteil der JVA Ottweiler am Beförderungsbudget sei "etwas erhöht" worden. Mit ein Grund für die leichte Entspannung der Situation in Ottweiler ist sicherlich die aktuelle Belegungszahl. Von 144 Plätzen im Jugendvollzug waren Ende Mai 78 belegt. In einem abgetrennten Gebäude auf dem weitläufigen Anstaltsgelände sind 80 Erwachsene inhaftiert. Hier handelt es sich um Häftlinge mit Strafen bis zu zwei Jahren. Nach Angaben von Anstaltschef Bauer ist der größte Teil der Klientel nicht für Lockerungen geeignet. Unter den Gefangenen seien viele Problemfälle, etwa Drogenabhängige. Den Gesprächswunsch unserer Redaktion mit einem Gefangenenvertreter lehnte das Justizministerium ab. Rund 20 Stellen muss die JVA Ottweiler mit Blick auf die Schuldenbremse insgesamt einsparen. 16 davon seien durch organisatorische und technische Maßnahmen bereits erreicht. Die Kürzung treffe keineswegs sicherheitsrelevante Bereiche oder die Resozialisierung. "Die besten Ideen und Verbesserungsvorschläge kommen aus der Belegschaft", sagt Bauer. So werden so genannte Kontaktklappen als Sichtfenster in die Zellentüren eingebaut. Ruft ein Häftling nachts, kann ein Beamter alleine reagieren. Wenn die Zellentür geöffnet wird, müssen immer mehrere Beamten dabei sein. Auch der Vorschlag Lochgitter vor die Fenster zu installieren, kam aus dem Vollzugsdienst. So soll verhindert werden, dass Gefangene sich mit Leinen Gegenstände von Zellenfenster zu Fenster zupendeln.

Neueinstellungen sind dem Justizvollzug in diesem Jahr zugesagt. Zwölf Neulingen soll zuerst die Gelegenheit gegeben werden, in den Job "zu schnuppern". Und eine weitere Empfehlung der Ottweiler Belegschaft wird realisiert. Eine pädagogische Zusatzausbildung für Beamte im Jugendvollzug. Gleichzeitig wird auch ein umfangreiches internes Fortbildungsprogramm aufgelegt.

Meinung:

Die Politik steht im Wort

Von SZ-RedakteurMichael Jungmann

Es tut sich was hinter Gittern! Spät, aber hoffentlich nicht zu spät haben die Verantwortlichen in Politik und Ministerium auf den Notruf der Vollzugsbediensteten reagiert. Als eine Studie gravierende Defizite bei Arbeitsbedingungen und Betriebsklima offenbarte, wurde akuter Handlungsbedarf im Knast erkannt. Dass jetzt einzelne Empfehlungen und Sofortmaßnahmen realisiert werden, verdient durchaus Anerkennung. Zwischenzeitlich signalisiert auch die betroffene Belegschaft Unterstützung und Mitwirkung. Was sich beispielsweise an Ideen und Vorschlägen für Verbesserungen im Arbeitsablauf ablesen lässt. Die Politik steht weiter im Wort, muss dafür garantieren, dass in diesem sensiblen Sicherheitsbereich Frust und Missgunst in der Belegschaft auf Dauer bekämpft werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort