Teure Gesundheitsversorgung Geplante Neuregelung sorgt für Unmut bei Krankenkassen im Saarland

Saarbrücken · Bei den Krankenkassen im Saarland herrscht Unmut. Der Grund: ein neuer Gesetzentwurf der Bundesregierung. AOK und IKK Südwest befürchten einseitige Belastungen der Beitragszahler.

Neuer Gesetzentwurf​ sorgt bei Krankenkassen AOK & IKK im Saarland für Unmut
Foto: dpa-tmn/Jens Kalaene

Der am vergangenen Donnerstag vorgelegte Gesetzentwurf des Bundeskabinetts zur Finanzstabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) (wir haben berichtet) stößt auf Kritik bei den Krankenkassen im Saarland. „Wir sind von dem Kabinettsentwurf insgesamt enttäuscht und halten die geplanten Regelungsinhalte für ungeeignet“, sagt Dr. Martina Niemeyer, die Vorstandsvorsitzende der AOK Saarland und Rheinland-Pfalz. „Der Gesetzesentwurf enthält keinerlei Maßnahmen für eine kurz- oder langfristige Stabilisierung der GKV-Finanzen. Beiträge werden erhöht, Rücklagen eingezogen und Schulden gemacht. Es handelt sich um ein kurzatmiges Einjahres-Gesetz, das kein strukturelles Problem löst.“

Dazu gehöre insbesondere, dass der Staat weiterhin bei der Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung von Arbeitslosengeld-II-Empfängern seiner sozialen Kernaufgaben nicht nachkomme. Die GKV organisiere und bezahle im staatlichen Auftrag die gesundheitliche Versorgung dieser Menschen, erhalte jedoch pro Jahr zehn Milliarden Euro weniger aus Steuermitteln, als sie aufwende.

 Dr. Martina Niemeyer ist Vorstandsvorsitzende der AOK im Saarland und in Rheinland-Pfalz.

Dr. Martina Niemeyer ist Vorstandsvorsitzende der AOK im Saarland und in Rheinland-Pfalz.

Foto: AOK

„Keine solide und nachhaltige Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung“

 Professor Dr. Jörg Loth ist Vorstand der Krankenkasse IKK Südwest.

Professor Dr. Jörg Loth ist Vorstand der Krankenkasse IKK Südwest.

Foto: IKK Südwest Jennifer Weyland/IKK Südwest/Jennifer Weyland

„Ein nun vorgesehener kleiner Extra-Bundeszuschuss in Verbindung mit einem Bundesdarlehen und geplante Beitragserhöhungen um 0,3 Prozentpunkte sind keine solide und nachhaltige Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung der Versicherten“, sagt Niemeyer. Sie plädiert für eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf sieben Prozent, um den Kassen Kosten zu sparen. Zudem machten die erheblichen Steigerungen der Ausgaben Sorgen, die durch neue Bundesgesetze bereits vor der Pandemie verursacht worden seien.

„Hinzu kommt insbesondere, dass die AOK an Rhein, Saar, Nahe und Mosel durch die Vermögensabgabe nach dem Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege im Jahr 2021 auf einen Schlag Rücklagen verliert. Diese Mittel stehen somit weder für den Ausbau der hochwertigen Gesundheitsversorgung noch als Reserve für gesundheitliche Notlagen zur Verfügung.“ Im Gesetzentwurf sei nun das erneute zwangsweise Herunterfahren der Reserven der Krankenkassen festgehalten. „Diesen Eingriff in die Finanzhoheit der Krankenkassen kritisieren wir scharf“, erklärt Niemeyer.

Auch die IKK Südwest kritisiert den Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes. „Mit dem vorgelegten Entwurf boykottiert die Bundesregierung weiter die derzeitige Belastungssituation der Menschen und bittet sie ab dem kommenden Jahr auch für ihre Gesundheit stärker zur Kasse“, sagt Kassenchef Professor Dr. Jörg Loth. „Aufgrund der immensen Gewinne, die die Pharmaindustrie in den vergangenen Jahren erwirtschaftet hat, wäre ein Solidarbeitrag und damit eine stärkere Beteiligung an den Gesundheitsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung ein Zeichen echter Verantwortung.“ Auch Loth spricht sich für eine Absenkung der Mehrwertsteuer bei Arzneimitteln sowie „eine auskömmliche Finanzierung der Gesundheitsversorgung von ALG-II-Empfängern“ aus.

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