Neonazi-Demo vom Samstag hat ein juristisches Nachspiel

Homburg. "Mir geht es so weit gut, die Verletzungen sind abgeklungen

 Über ihren gesamten Verlauf verfolgte Landrat Clemens Lindemann am Samstag die Neonazi-Kundgebung, am Ende schritt er ein und wurde dabei durch einen Schlag ins Gesicht verletzt. Foto: Thorsten Wolf

Über ihren gesamten Verlauf verfolgte Landrat Clemens Lindemann am Samstag die Neonazi-Kundgebung, am Ende schritt er ein und wurde dabei durch einen Schlag ins Gesicht verletzt. Foto: Thorsten Wolf

Homburg. "Mir geht es so weit gut, die Verletzungen sind abgeklungen." Knapp zwei Tage, nachdem er am Samstag von der NPD-Funktionärin und -Bundestagskandidatin Ricarda Riefling am Ende einer Neonazi-Demo in der Homburger Innenstadt angegriffen und geschlagen worden war (wir berichteten), zeigte sich Saarpfalz-Landrat Clemens Lindemann gestern im Gespräch mit unserer Zeitung den Umständen entsprechend gefasst. Gleichwohl: "Ich war schon sehr überrascht und erschrocken, wie schnell die Bereitschaft zur Gewaltanwendung da ist. Und es gab ja noch einen zweiten, der nach mir schlagen wollte. Glücklicherweise sind die Polizisten unmittelbar dazwischen gegangen." In Richtung derer, die in den vergangenen zwei Tagen Schilderungen veröffentlichten, in denen Lindemann selbst ein gewaltsames Auftreten unterstellt wurde, sagte der Landrat, dass er "gegen diese verleumderischen Behauptungen mit allen juristischen Mitteln" vorgehen werde (siehe auch Seite B 2).Angesichts von Drohungen aus der rechten Szene zeigte sich Lindemann "eher gelassen. Es gilt der Satz, dass nicht alles so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Zudem gehe ich davon aus, dass die Polizei ein Auge auf meine Sicherheit hat". Gefragt, wie man angesichts des Vorfalls nun mit der immer wieder geäußerten Forderung nach einem Verbot solcher Neonazi-Aufzüge umgehen werde, machte Lindemann erneut klar, dass eine Einschränkung des grundgesetzlich geschützten Rechts auf Versammlungsfreiheit dann alle gesellschaftlichen Gruppierungen treffen würde. "Die Verfassung ist eindeutig, sie schützt die Versammlungsfreiheit. Die Neonazi-Szene nutzt dieses Recht nach meiner Einschätzung einfach aus. Deswegen ist es wichtig, dass gegen Rechts Flagge gezeigt wird, so wie am Samstag auf dem historischen Marktplatz."

Durchaus nicht unkritisch beurteilte Lindemann die Gegendemonstration unmittelbar am Veranstaltungsort der Neonazi-Kundgebung. "Mir sind Veranstaltungen wie die des Bündnisses 'Homburg - vielfältig statt einfältig' auf dem historischen Marktplatz eigentlich viel lieber. Weil alles andere nur die Aufmerksamkeit auf eine Gruppe lenkt, die eigentlich nichts zu sagen hat und diesem Nichts eine Bedeutung gibt, die ihm nicht zukommt."

Vergleichbar äußerte sich auch Homburgs Oberbürgermeister Karlheinz Schöner gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Schöner zeigte Verständnis für das Unbehagen und den Ärger der Homburger über die Neonazi-Kundgebung, "wir müssen aber mit solchen Aufmärschen umgehen, das begründet sich in der Verfassung". Dieses demokratische Grundrecht könne man, so Schöner, nicht einfach "per Ordre de Mufti" zurückdrängen. Deswegen müsse in den Gruppierungen, die gegen Rechts regelmäßig aktiv seien, vielleicht diskutiert werden, ob ein Nichtbeachten von Neonazi-Aufmärsche nicht der bessere Weg sei, so der Oberbürgermeister. thw

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