Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer wird zum ersten weiblichen Ehrenhauer ernanntDie bergmännische Tradition lebt weiter

Gonnesweiler. Wie ein folkloristisches Jingle ertönt erstmals in der Post-Bergbau-Ära die Schachtglocke bei der historischen Weihnachtsfeier der Bergleute im Barbara-Stollen. Ein Blick zurück

 Landespräsident Klaus Hiery (links) verpasst Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer den Ehrenhauerschlag. In der Bildmitte beobachtet Klaus-Dieter Woll das Ritual. Foto: Frank Faber

Landespräsident Klaus Hiery (links) verpasst Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer den Ehrenhauerschlag. In der Bildmitte beobachtet Klaus-Dieter Woll das Ritual. Foto: Frank Faber

Gonnesweiler. Wie ein folkloristisches Jingle ertönt erstmals in der Post-Bergbau-Ära die Schachtglocke bei der historischen Weihnachtsfeier der Bergleute im Barbara-Stollen. Ein Blick zurück. Wenn ein ganzes Jahr vergangen war, fuhren die Bergmänner von der letzten Schicht vor Weihnachten aus und trafen sich zu einer gemeinsamen weihnachtlichen bergmännischen Feierstunde, der Mettenschicht. Der Steiger hielt eine Ansprache, es gab eine Mahlzeit, Schnaps und gemeinsame Gesänge. Diese Tradition pflegt der Landesverband der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine seit dem Jahre 1997. Rund 100 Gäste füllen den Barbara-Stollen bis auf den letzten Platz, viele darunter in den traditionellen Uniformen ihrer berufsständischen Vereine. "Die Industriekultur ist das Symbol dieser Zeit. Wir sollten daransetzen, diese bedeutenden Errungenschaften für die Kinder und Enkelkinder zu erhalten und weiterentwickeln", appelliert Klaus Hiery, der Landespräsident der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine. In den Liegenschaften liege eine gemeinsame kulturelle Zukunft, über deren touristische Dimension müsse man sich seine Gedanken machen. "In anderen Bundesländern wird dies bereits praktiziert, bei uns sträubt man sich seit Jahren, die Bergbautradition mit auf den Jahreskalender zu setzen", kritisierte der 71-jährige aus Fraulautern. Jetzt wo der Bergbau an der Saar beendet sei, sollten Brauchtum und Tradition ihren Fortbestand haben. Mit einer Tradition wird bei der diesjährigen Mettenschicht jedoch gebrochen. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wird zum ersten weiblichen Ehrenhauer ernannt. "Die Ehrung ist etwas ganz Besonderes, weil Frauen im Bergmannsstand traditionell eher unterrepräsentiert sind", erklärt Hiery. Strahlende schlüpft die 50-jährige Völklingerin in eine Bergmannsjacke und sagt: "Ich komme ja aus einer Bergmannsfamilie, es ist jedoch was Besonderes für mich, diese Ehrung zu bekommen".Und das sie nebenbei in eine Männer-Domäne eingedrungen sei, erfülle sie als Frau mit Stolz. Gemeinsam mit der Ministerpräsidentin kommt auch Klaus-Dieter Woll, dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der Steag-Power-Saar-GmbH, die Ehrung zuteil. Der 51-Jährige aus Schiffweiler ist ein gelernter Bergmann. Kramp-Karrenbauer stellt noch klar: "Beendet ist eine Hunderte Jahre alte Industriegeschichte, aber nicht die Geschichte". Mit dem Erbe müsse man vernünftig umgehen und es gelte Erinnerungen zu schaffen, die sichtbar seien. "Wir müssen auch entscheiden, was wir erhalten wollen und können", betont die Ministerpräsidentin. Den langen Weg der Sozial- und gesetzlichen Unfallversicherung skizziert Manfred Sträßer, Technischer Verwaltungsdirektor der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), in einer Zeitreise während seiner Bergpredigt nach. Abschließend schallt der Evergreen der Bergmänner "Glückauf, der Steiger kommt", durch den Stollen. Musikalisch begleitet werden die Bergleute dabei vom RAG-Bergbau-Brass-Ensemble.

Hintergrund

 Landespräsident Klaus Hiery (Bildmitte) übergibt Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (rechts) und Klaus-Dieter Woll den Ehrenhauerschein. Foto: Frank Faber

Landespräsident Klaus Hiery (Bildmitte) übergibt Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (rechts) und Klaus-Dieter Woll den Ehrenhauerschein. Foto: Frank Faber

Die Mettenschicht ist ein alter, bergmännischer Brauch und bezeichnet die letzte, eingefahrene Schicht vor Weihnachten. Der Steiger beendete diese Schicht vorzeitig mit einem Klopfzeichen, mit dem er die Bergleute "herausklopfte". Anschließend hielt er im weihnachtlich geschmückten Huthaus eine Art Predigt. Mit Bergmannsliedern dankten die Bergleute für den Bergsegen. Ein einfaches, typisches Essen beendete die Schicht. Die Idee der Mettenschicht ging vom Erzgebirge aus und ist inzwischen von vielen Besucherbergwerken zur Gestaltung einer von bergmännischem Brauchtum geprägten Weihnachtsfeier aufgegriffen worden. frf

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