Der Hitcocktail kommt aus dem Weinberg

Perl · Für das Wunschkonzert zum Muttertag war ein Kamerateam vor Ort in Perl. Die SZ schaute bei den Dreharbeiten hinter die Kulissen.

 Dreharbeiten im Perler Weinberg. Produktionsleiterin Yvonne Springmeier (Bild rechts) hat alles im Blick. Fotos: Nina Drokur

Dreharbeiten im Perler Weinberg. Produktionsleiterin Yvonne Springmeier (Bild rechts) hat alles im Blick. Fotos: Nina Drokur

"Kamera läuft. Ruhe bitte!", ruft Kamera-Assistent Dirk Peikert bestimmt und presst die großen Kopfhörer etwas dichter an die Ohren. Die Anwesenden in der römisch angehauchten Caesar-Bar des Hotels Victor's Residenz in Perl werden mucksmäuschenstill. Ein klein wenig ist die offene Küche im Untergeschoss direkt unter der Bar noch zu hören. "Das trägt zur Atmosphäre bei. Zu steril darf es nicht sein", beschwichtigt Dirk Peikert.

Am schwarz glänzenden Flügel sitzt Moderator Frederic Meisner: "Herzlich willkommen hier aus dem wunderschönen Sauerland", beginnt er seine Anmoderation. "Stop", unterbricht Produktionsleiterin Yvonne Springmeier. Das Produktionsteam und einige der Hotelangestellten, die zuschauen, lachen. "Ach ja, Saarland", lacht auch Meisner und beginnt professionell gleich von vorne.

Yvonne Springmeier überwacht das Bild über einen kleinen Monitor und notiert sich die so genannten Timecodes. "Diese Zeitangaben stehen auf der Kamera und werden später im Schnitt wichtig, um einen Anhaltspunkt zu haben", erläutert Produktionsassistentin Tanja Schindlauer.

"Sag mal, Frederic, kannst du eigentlich Klavier spielen?", fragt Co-Moderatorin Sarah Valentina Winkhaus. Es ist eine der Textzeilen, die sich Yvonne im Vorfeld für diese Szene überlegt hat. Die Kamera fängt das Ensemble des Raums aus kristallenen Kronleuchtern und den Alabaster-Büsten römischer Legionäre ein. Der Hingucker ist der große Deckenspiegel über dem Moderatoren-Team, der das elegante Ambiente zu etwas Besonderem macht. "Och", zuckt der ehemalige "Glücksrad"-Moderator mit den Schultern und stimmt "Hänschen klein" an. Schon ist die erste Szene im Kasten.

Das Produktions-Team besteht aus nur sieben Personen. "Ich arbeite am liebsten in solch kleinen Gruppen", sagt Alexandra Batke. "Wir haben hier ein sehr familiäres Verhältnis", betont die Make-Up-Artistin, die nach ihren Worten schon den gesamten FC Bayern unter ihrem Pinsel hatte. "Ach, ich mag die eigentlich gar nicht so", fällt Dirk Peikert der Visagistin augenzwinkernd ins Wort. Dass die Gruppe schon seit langem eng zusammenarbeitet, sich blind versteht und gut harmoniert, ist deutlich spürbar.

Für die nächste Szene hat Kameramann Kersten Hüttner den großen Cäsar-Kopf, der auf dem Teppichboden abgebildet ist, fokussiert. Langsam schwenkt er die Kamera nach oben, wo das Moderatoren-Duo jetzt zusammen mit Nina Mann, der besten Sommeliere des Jahres 2016, um einem schwarzen Tisch herum sitzt und Weine aus der Region probiert. "Konrad" so hat Peikert die Schwenkhilfe, den so genannten Jig-Arm getauft, an dem die Kamera befestigt ist. "Ein Jig-Arm ist ähnlich wie ein Kamera-Kran. Er wird von Hand gesteuert", erklärt Kersten Hüttner. "Das ermöglicht uns einen reportage-artigen Charakter. Die Szenen werden lebendiger als vom Stativ", ergänzt Yvonne Springmeier.

Für die Sonderausgabe der Schlagersendung "Hitcocktail", die Meisner seit 2000 auf dem Musiksender im Bezahlfernsehen präsentiert, ist die eingespielte Truppe fünf Mal im Jahr zusammen unterwegs. Bei diesem Wunschkonzert senden die Zuschauer ihre Musikvorschläge an den Sender. "Das geht über eine Liste per Internet", erläutert Yvonne Springmeier. "Manchmal bekommen wir aber auch noch Postkarten und Briefe." Darüber freut sie sich besonders. "Da hat man noch etwas in der Hand und sieht die Handschrift, oft stehen auch noch Grüße an das Team dabei. Das ist sehr emotional", erzählt sie.

Zwölf bis 15 Musikwünsche finden dann über die Musikredaktion ihren Weg in die Sendung. Acht bis neun Moderationen werden für die Produktion benötigt. Dazu schlüpfen die beiden Moderatoren Frederic Meisner und Sarah Valentina Winkhaus auch schon mal in die Rolle von raubeinigen Cowboys oder müssen in den Perler Weinbergen kräftig in die Pedale treten.

Denn: Jede Sendung steht unter einem bestimmten Motto und wird an den unterschiedlichsten Orten gedreht, vom weit entfernten Jerusalem bis eben im deutsch-luxemburgischen Grenzgebiet.

Die unterschiedlichen Drehorte lassen sich vor allem deshalb umsetzen, weil Produktionsleitern Yvonne Springmeier bereits im Vorfeld des Drehs die Gegend erkundet: "Ich überlege dann, was kamerageeignet ist, was das Besondere des Ortes ist und wofür der Ort steht." In Perl musste sie sofort an Wein und die Weinberge denken. Nach ihrer Erkundungstour macht sie sich an ihrem Schreibtisch im Münchener Büro an die Umsetzung. Sie überlegt, wie die einzelnen Szenen aussehen könnten und welchen Text die Moderatoren dazu sprechen sollen. Ihre Ideen bespricht die Redakteurin anschließend mit ihrem Kamerateam.

Ganz so wie Yvonne Springmeier den Dreh in Perl auf ihren Regieblättern geplant hat, läuft es an diesem Tag nicht. Im Drehbuch ist eine Fahrradtour durch die Perler Weinberge geplant.

Das Team hat bereits das technische Gerät im Bollerwagen auf den Berg gezogen. Alexandra hat schon die Gesichter nachgepudert, da macht ein Regenschauer ihnen einen Strich durch die Rechnung. Und dann stürzt Frederic Meisner auch noch bei der Fahrt bergab mit einem der Fahrräder. Zum Glück passiert nichts Schlimmeres. Nur ein paar Schrammen. Dennoch: Erst mal Drehpause.

Die nutzt Sarah Valentina Winkhaus oft für Social-Media-Aktivitäten. "Das gehört heutzutage wirklich zum Beruf dazu und kann auch sehr zeitintensiv sein", sagt die 35-Jährige. Am liebsten mögen die Fans auf Instagram, Facebook und anderen sozialen Netzwerken ihre "Selfies". Dabei würde sie gerne auch mal einen Zeitungsartikel posten, der ihr gefällt. Das kommt aber nicht so gut an wie die Fotos der attraktiven Halbitalienerin.

Das Team startet einen zweiten Versuch im Weinberg. Doch während Winzer Peter Petgen mit seinem Auto dazustößt, ziehen erneut dicke graue Wolken bedrohlich über den Berg. Alle hoffen, dass das Wetter stabil bleibt. Alexandra Batke steht als Lichtdouble zwischen den Weinreben parat für Kersten Hüttner, der die Kamera ausrichtet.

Die Moderatoren sprechen noch einmal ihren Text auf den Moderationskarten durch. Plötzlich brechen die Wolken auf, dicke Hagelkörner prasseln zusammen mit schweren Regentropfen vom jetzt pechschwarzen Himmel. "Das ist höhere Gewalt", sind sich alle einig. Winzer Peter Petgen freut sich als Einziger über das kühle Nass von oben. "Wir hatten dieses Jahr erst 100 Liter. Um diese Zeit des Jahres sollten wir schon 250 Liter haben." Trotzdem hätte er dem Team noch ein paar sonnige Stunden gegönnt. In seinem Auto bietet er den Moderatoren Zuflucht.

Alisa Fuchs, Marketingleiterin des Hotels, schlägt vor, das Interview in die ehemalige Kapelle von Schloss Berg zu verlegen. Weil die Technik noch getrocknet werden muss, steht die Produktion wieder vor einer Zwangspause. Die gute Laune geht den Sieben aber nicht verloren. "K.I.T.T. du musst mich hier rausholen", flüstert Sarah Valentina Winkhaus in eines der Funkgeräte, die das Team benutzt, um über Entfernung in Kontakt zu bleiben. "Michael?", antwortet jemand vom anderen Ende. Die "Knight-Rider"-Fans albern ein wenig über den imitierten Dialog aus der US-Serie miteinander und wärmen sich mit einer heißen Tasse Tee und Kaffee auf, während sie darauf warten, dass die durchnässte Ausrüstung wieder trocken ist und der Dreh fortgesetzt werden kann.

Das Interview mit Petgen ist dann schnell abgedreht. Der Perler hat schon etwas Medienerfahrung. Die Moderatoren nehmen auf den samtgrauen Sesseln Platz. Sarah Valentina ist etwas kleiner als die Herren in der Runde. Sie schummelt deshalb mit "Rudi". Rudi ist ein Stofftier, eigentlich ein so genannter Steady-bag. "Der wird dazu genutzt, um eine Kamera abzustellen, für ruhige Aufnahmen aus einer festen Position", erläutert Dirk, der auch hier für die ungewöhnliche Namensgebung verantwortlich ist.

Das Interview verläuft zunächst wie ein gewöhnliches Gespräch zwischen den Dreien. Anschließend muss jeder der Beteiligten seinen Part aber noch mal wiederholen. Das wirkt etwas merkwürdig für Außenstehende, ist aber dazu gedacht, "close-up"-Aufnahmen, also Nahaufnahmen der Gesichter, zu drehen, die später für mehr Dynamik in das Interview hineingeschnitten werden können.

"Dann bleibt uns jetzt nichts anderes mehr übrig, als uns von unseren Zuschauern zu verabschieden. Ihr Frederic Meisner und ihre Sarah Winkhaus" sprechen die Moderatoren in die Kamera. "Ihr wisst was das heißt? Drehschluss", verkündet Yvonne Springmeier. Insgesamt hat der Dreh an diesem Tag fast zwölf Stunden gedauert. Was das Team daraus machen wird, ist am Muttertag um 11 Uhr auf Goldstar TV (empfangbar nur über Sky) zu sehen.

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Hinter den Kulissen einer TV-Produktion Was vor der Kamera passiert, sieht der Zuschauer im Fernsehen. Was sich aber hinter den Kulissen einer Fernsehproduktion alles abspielt, hat sich die SZ einen Tag lang angeschaut, als das Team der Mainstream Media AG eine Sonderfolge der Sendung "Hitcocktail" in Perl gedreht hat. Das Muttertag-Wunschkonzert wird am Sonntag beim Privatsender GoldStar TV (zu emfpangen über Sky) zu sehen sein.

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