"Kämpfen geht mit Schuld einher"

Saarlouis. Was bleibt, wenn der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr beendet ist: für den einzelnen Fallschirmjäger der Saarlandbrigade, für die Bundeswehr? Wenn die Soldaten nach Hause kommen? Sie werden Einzelne bleiben, ihre Erfahrungen nicht, wie frühere Generationen, mit der ganzen Gesellschaft teilen

Saarlouis. Was bleibt, wenn der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr beendet ist: für den einzelnen Fallschirmjäger der Saarlandbrigade, für die Bundeswehr? Wenn die Soldaten nach Hause kommen? Sie werden Einzelne bleiben, ihre Erfahrungen nicht, wie frühere Generationen, mit der ganzen Gesellschaft teilen. Die Frage sei eine gesellschaftliche Aufgabe, sagte die evangelische Militärpfarrerin bei der Saarlandbrigade, Annegret Wirges (Foto: Seeber), bei einer Diskussion am Mittwoch in Saarlouis. "Die Soldaten in der Mitte der Gesellschaft aufnehmen", wünschte es sich der Kommandeur der Saarlandbrigade, General Eberhard Zorn (Foto: rup). Und typisch Militär: "Sie sind robust. Aber auch der Fallschirmjäger hat eine Seele."

Die Soldaten führen im Afghanistan-Einsatz den Auftrag des demokratisch gewählten Parlaments aus. Der Staatsanwalt ermittelt nach tödlichen Schüssen immer. Bisher, so Zorn, ohne einem Soldaten etwas vorgeworfen zu haben. Aber, fasste Pfarrerin Wirges (Foto: Jenal) aus ihrer Erfahrung zusammen: "Kämpfen, Verletzen, Töten, das geht immer mit Schuld einher. Das ist dieser Aspekt des Schuldig Werdens. Deswegen muss immer wieder gefragt werden, was wir wirklich tun." Zeitweise wurde es sehr still im Publikum bei dieser Diskussion "Wir sind beteiligt - die Saarlandbrigade in Afghanistan" im evangelischen Gemeindezentrum, moderiert vom Superintendenten des Kirchenkreises Saar-West, Christian Weyer.

Wirges weiter: Empfinden von Schuld werde unter Soldaten auch wach, "wenn man den großen Zusammenhang nicht mehr versteht und mit Waffen umgeht. Daran tragen die Soldaten."

Einen Maßstab für gerechtfertigtes Handeln in kriegerischen Konflikten gibt das humanitäre Völkerrecht vor, die Genfer Konvention. Doch, unterstrich Tillmann Lahann (Foto: Jenal), Landeskonventionsbeauftragter des Roten Kreuzes, "die Taliban halten sich nicht dran, eine Besonderheit dieses Konfliktes." Zorn: "Unsere Transportfahrzeuge mit dem Roten Kreuz standen immer zuerst in ihrem Fadenkreuz."

Das Internationale Rote Kreuz (IKRK) halte es für entscheidend, dass die Soldaten "nicht hinter diese internationalen Schutzmaßnahmen zurück fallen", sagte Lahann. "Aber der Schutz von Verwundeten und Gefallenen fällt dem Soldaten leichter, wenn er weiß, dass ihm dieser Schutz auch ihm zuteil würde."

Die Gefahr eines Rückfalls sah Lahann "nicht wirklich gegeben". In der Fachliteratur aber gebe es Stimmen, die das Recht "langsam der Entwicklung anpassen wollen. Ich persönlich sorge mich, dass es zu einer Aufweichung kommt." Das IKRK kläre mögliche Völkerrechtsverletzungen immer in Gesprächen vor Ort auf, erklärte Lahann. Das Rote Kreuz habe nur darum "guten Zugang zu den Kriegsparteien", weil es allein den Regierungen berichte, "niemals aber öffentlich". we

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