Historische Bedeutung der Napoleonsbuchen

Wellingen. Es gibt sie nicht mehr, die "Napoleonsbuchen" genannte Baumgruppe am Rand des Scheidwaldes bei Wellingen. Vor einigen Jahren waren ihre Altersspuren so gravierend geworden, dass man sie aus Sicherheitsgründen fällen musste

Wellingen. Es gibt sie nicht mehr, die "Napoleonsbuchen" genannte Baumgruppe am Rand des Scheidwaldes bei Wellingen. Vor einigen Jahren waren ihre Altersspuren so gravierend geworden, dass man sie aus Sicherheitsgründen fällen musste. Konnten sich die Wanderer bis dahin noch in ihrem Schatten auf einer Bank ausruhen und den Blick über die weite Feldflur streifen lassen, treffen sie heute am Höhenweg in den Scheidwald auf die halb zerfallenen Reste der Stämme, die auch in diesem Zustand noch ihre einstige Mächtigkeit demonstrieren. Als dieser Tage am Standort der ehemaligen Napoleonsbuchen aus Anlass des Internationalen Jahres der Wälder 2011 zwei neue Buchen gepflanzt wurden, tauchte auch die Frage nach dem Ursprung der Bezeichnung "Napoleonsbuchen" und damit nach der historischen Bedeutung dieses Ortes auf. Es ist eine kuriose Episode, die der Namensgebung zugrunde liegt, sie wirft aber auch ein Schlaglicht auf die wechselvolle Geschichte unserer Region.Die vor etlichen Jahrzehnten zum Naturdenkmal erklärte Baumgruppe dezimierte sich schon in den 1970er Jahren von drei Exemplaren auf die zum Schluss gefällten zwei. Es waren ursprünglich sogar vier Buchen. Sie wären 2011 auf das Jahr genau 200 Jahre alt geworden, denn sie wurden im Jahr 1811 im Auftrag der damaligen Verwaltung des Departements Moselle, zu dem unsere Gegend zu diesem Zeitpunkt gehörte, gepflanzt. Der Anlass war die Geburt des ersten legitimen Sohnes Napoleons I. in zweiter Ehe mit Marie-Louise von Habsburg am 20. März 1811.

Über die Motive der Departementverwaltung zur Baumpflanzung kann nur spekuliert werden. Warum dies gerade an dieser Stelle geschah und ob aus gleichem Anlass an anderen Orten Bäume gepflanzt wurden, ist nicht bekannt, auch nicht, ob die Zahl vier eine Rolle gespielt hat.

Der Sohn Napoleons I. und dessen kaiserlicher Kronprinz, um den es hier ging, war Napoléon François Josef Charles Bonaparte. Er wurde kurz nach seiner Geburt zum Titular-König von Rom ernannt, von 1814 bis 1817 war er Prinz von Parma und ab 1818 Herzog des böhmischen Reichstadt. Er starb bereits im Alter von 21 Jahren am 22. Juli 1832 im Schloss Schönbrunn in Wien. In der französischen Zählung wird er als Napoleon II. geführt, obwohl er nie regiert hat.

Vielleicht hilft die Baumpflanzung am Scheidwald in unseren Tagen, die Geschichte um die "Napoleonsbuchen" bei Wellingen am Leben zu erhalten. Vielleicht bietet sich auch in absehbarer Zeit die Gelegenheit, zwei weitere Buchen am jetzigen Standort hinzuzupflanzen, um die ursprüngliche Vierergruppe wieder zu begründen. red

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