"Rufen Sie uns an!"
Fürstenhausen. Die Zahlen sprechen schon ganz nackt, ohne zusätzliche Erläuterung, eine deutliche Sprache. Als der Kohleabbau unter Fürstenhausen 1993 begann, standen im Ort 727 Gebäude. 700 Bergschäden daran wurden gemeldet. 95 Häuser erlitten durch den Bergbau Totalschäden; 66 wurden bisher abgebrochen, 20 weitere Abrisse stehen bis Ende 2012 fest auf dem Plan
Fürstenhausen. Die Zahlen sprechen schon ganz nackt, ohne zusätzliche Erläuterung, eine deutliche Sprache. Als der Kohleabbau unter Fürstenhausen 1993 begann, standen im Ort 727 Gebäude. 700 Bergschäden daran wurden gemeldet. 95 Häuser erlitten durch den Bergbau Totalschäden; 66 wurden bisher abgebrochen, 20 weitere Abrisse stehen bis Ende 2012 fest auf dem Plan. 37 Bauten wurden mit Hydraulik-Geräten gehoben, 67 weitere erhielten nachträgliche Sicherungen gegen Bergbau-Einwirkungen.Die Fürstenhausener, die auf Einladung des von Norbert Degen geführten SPD-Ortsvereins am Mittwochabend in die Dorfschenke gekommen sind, nicken, sie wissen Bescheid; was Gangolf Hontheim vorträgt, Leiter der saarländischen Stabsstelle Bergschäden, prägt seit Jahren ihren Alltag.
Was die Stabsstelle Bergschäden - Hontheims Mitarbeiter Thomas Kriebs und Patrick Haser sitzen direkt mit am Tisch - tun kann für die Fürstenhausener? Hontheim schildert, was sie generell tut. Sie informiert Privatleute und öffentliche Stellen über Bergbauthemen ("wir wissen mittlerweile relativ viel"). Und sie vermittelt bei Konflikten, neutral und unabhängig: "Wir sind Beamte, wir sind nicht von der Grub' ." Dabei "erreichen wir immer das, wovon wir meinen, dass es den Leuten zusteht", manchmal - per Kulanz - auch mehr. Das heiße freilich nicht, dass die Betroffenen am Ende immer zufrieden seien. Denn bei der Regulierung gibt es Pferdefüße. So wird nur der Zeitwert beschädigter Dinge ersetzt - die Differenz zum Neupreis müssen die Geschädigten selber tragen. Diese allgemeine Rechtsregel findet auch Hontheim bei Bergschäden nicht angemessen; aber man müsse mit ihr leben.
Christa Galinowskis Frage betrifft Kanal-Schäden. Ein kompliziertes Thema, Hontheim umreißt es kurz. Womöglich betrifft Galinowskis Problem aber gar nicht den öffentlichen Kanal, sondern den privaten Hausanschluss? "Rufen Sie uns an!", sagt Hontheim, dann komme die Stabsstelle zur Ortsbesichtigung, und zwar schnell. Bei Manfred Dörr ist eine Regulierungsfrage strittig. Hontheim fragt zurück, ob schon ein Rechtsanwalt aktiv sei; dann nämlich halte sich die Stabsstelle zurück. Es sei denn, der Anwalt bitte um Kooperation - "rufen Sie uns an". Wolfgang Lorenz will etwas wissen über Bürgersteig-Sanierung. Kompliziert auch das: Bei der Erneuerung müssen die Anlieger Beiträge zahlen, bei bloßer Reparatur nicht.
Und der Wiederaufbau? Ja, da gebe es schöne Pläne, spotten die Bürger, "Fürstenhausen am See". Aber es passiere nichts; Geld werde eher anderswo ausgegeben, das Stichwort "Fischzucht" fällt. Aufs politische Glatteis mag sich Hontheim nicht begeben. Zum Geld aber hat er einen Hinweis: Bei der RAG Montan Immobilien und beim Land gebe es Töpfe, die man - über die Schadensregulierung hinaus - anzapfen könne für den Wiederaufbau. Sie für Fürstenhausen einzusetzen, sei nur gerecht: "Im Saarland sind Sie hier am stärksten von Bergschäden betroffen", sagt Hontheim, "gleich nach Naßweiler."
Hintergrund
Die Stabsstelle Bergschäden - gegründet unter dem Namen "Stabsstelle zur Vermittlung in bergbaubedingten Konflikten", jetzt griffiger bezeichnet - besteht seit Oktober 2005. Ihr Leiter ist der Jurist Gangolf Hontheim, 58; er kann sich auf drei weitere Mitarbeiter stützen. Die Stabsstelle ist eine Einrichtung der saarländischen Landesregierung, formal beim Wirtschaftsministerium angesiedelt. Sie arbeitet jedoch weisungsunabhängig. Jeder kann ihre Informations- und Mediations-Dienste kostenfrei in Anspruch nehmen.
Gangolf Hontheim, Christdemokrat, ist Ortsvorsteher im vom Bergbau stark betroffenen Lebacher Ortsteil Falscheid. Von 2000 bis 2005 war er auch ehrenamtlicher Bergbau-Beauftragter der Stadt Lebach. dd
Kontakt: Tel. (0 68 81) 9 28-1 28, Fax -1 18, E-Mail stabsstelle-bergbau@wirtschaft.saarland.de.