„Es gibt keine Tabus“

Alle Ausgaben des Landes sollen auf den Prüfstand: Um die Schuldenbremse bis 2020 einzuhalten, schließt Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) Einsparungen auch im Sozialbereich nicht aus. Das sagte sie im Gespräch mit SZ-Redakteur Johannes Schleuning.

 Die Staatskanzlei versteht Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer als Zukunftsort. Foto: Iris Maurer

Die Staatskanzlei versteht Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer als Zukunftsort. Foto: Iris Maurer

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Frau Kramp-Karrenbauer, wie würden Sie Ihren Regierungsstil im Unterschied zu Ihrem Vorgänger Peter Müller beschreiben?

Kramp-Karrenbauer: Das ist ein ganz eigener Regierungsstil, der nicht darauf ausgerichtet ist, sich von irgendjemand abzugrenzen. Ich selbst beschreibe mich als unaufgeregt, uneitel und kommunikativ.

Sie stimmen die Saarländer in Ihren Reden auf harte Zeiten ein. Der Haushalt fürs kommende Jahr - mit Einsparungen um rund 70 Millionen Euro gegenüber 2013 - geht vor allem zu Lasten des öffentlichen Dienstes, der Ministerien und Landesgesellschaften. Wo wird danach der Rotstift angesetzt?

Kramp-Karrenbauer: Das wird von Jahr zu Jahr schwerer werden. Eine Rolle wird dabei spielen, wo wir überall Geld erwirtschaften können - etwa in der Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern. Wir werden außerdem sehen müssen, ob wir mit Bund und Ländern eine finanzielle Entlastung bei der Bewältigung der gesetzlichen Pflichtaufgaben erreichen können. Entscheidend ist, dass unsere Investitionen in das Saarland so getätigt werden, dass ein starkes Wirtschaftswachstum und die damit verbundenen Einnahmen erhalten bleiben.

Verhandlungen zur Neuordnung des Länderfinanzausgleichs sowie zu einem Altschuldenfonds stehen noch aus, und Steuererhöhungen sind zumindest unter einer CDU-geführten Bundesregierung nicht absehbar. Wird das Saarland die Schuldenbremse bis zum Jahr 2020 auch aus eigener Kraft stemmen können?

Kramp-Karrenbauer: Wir müssen es schaffen, wie auch immer die Vorzeichen sind. Und wir werden das auch schaffen.

Können Sie einen Personalabbau in der Landesverwaltung ausschließen, der über die bereits mit den Gewerkschaften vereinbarte Kürzung von 2400 Stellen hinausgeht?

Kramp-Karrenbauer: Wir haben mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes einen bundesweit einmaligen Pakt zur Existenzsicherung des Landes geschlossen. An diesen Pakt halte ich mich.

Sie haben angekündigt, auch Fördermaßnahmen des Landes auf den Prüfstand zu stellen. Wo sehen Sie da konkret Einsparpotenzial?

Kramp-Karrenbauer: Wir werden die gesamte Bandbreite der Fördermaßnahmen in den Blick nehmen, wobei klare Förder-Schwerpunkte beibehalten werden sollen: Bildung, Wissenschaft, Wirtschaftsförderung. Die Frage wird sein: Was brauchen wir, um die Zukunft des Landes und seine Existenz auf Dauer zu sichern? Dieser Frage muss sich alles andere unterordnen.

Es könnte also auch bei sozialen Fördermaßnahmen gespart werden?

Kramp-Karrenbauer: Ja, alles kommt auf den Prüfstand. Es gibt keine Tabus.

Die Opposition kritisiert Einsparungen der Landesregierung in der Bildung, die Sie selbst als "Kernelement unserer Zukunftsfähigkeit" bezeichnen. Wie passt das zusammen?

Kramp-Karrenbauer: Man muss sehen, dass die Zahl der Schüler in den nächsten Jahren weiter massiv zurückgehen wird. Wir setzen nun einen Teil der dadurch frei werdenden Lehrerstellen ein, um die Rahmenbedingungen in der Schule zu verbessern - also etwa zugunsten kleinerer Klassen oder um einen strukturellen Unterrichtsausfall zu beseitigen. Mit dem anderen Teil der frei werdenden Lehrerstellen finanzieren wir den Ausbau der frühkindlichen Bildung. Das heißt, die Rendite bleibt nicht ausschließlich im Schul-, aber im Bildungssystem - und damit ist die Bildung absolut privilegiert.

Wesentliche Erfolge Ihrer bisherigen Regierungsarbeit verdanken Sie dem Koalitionspartner SPD: das Tariftreuegesetz, einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, den Schulterschluss mit den Gewerkschaften beim Stellenabbau im öffentlichen Dienst. Die SPD ist also ein unverzichtbarer Bestandteil bei der Gestaltung der Zukunft dieses Landes?

Kramp-Karrenbauer: Diese Einschätzung teile ich so nicht. Alles, was im Koalitionsvertrag steht, haben CDU und SPD gemeinsam beschlossen. Im Übrigen gab es ein Tariftreuegesetz schon vorher, es ist jetzt verschärft worden. Den öffentlich geförderten Arbeitsmarkt hat auch die CDU gemeinsam mit der Aktion Arbeit des Bistums Trier mit zum Thema gemacht. Außerdem ist es uns als Haushaltsnotlageland gelungen, einen kommunalen Entlastungsfonds einzurichten und den Hochschulen dieses Landes eine feste Haushaltssumme bis zum Jahr 2020 zu garantieren. Auch dazu haben beide Koalitionspartner beigetragen.

Wo sehen Sie die nächsten Konflikte mit der SPD?

Kramp-Karrenbauer: Große, unlösbare Konflikte sehe ich nicht. Nach wie vor Thema im Koalitionsausschuss ist die Unterbringung von Flüchtlingen in den saarländischen Kommunen. Das werden wir sicher nochmal besprechen müssen.

Zu den Investitionen in die Zukunft des Landes gehört die 1,5 Millionen Euro teure Imagekampagne von Landesregierung und Saar-Wirtschaft. In den vergangenen Jahren hat es bereits mehrere solcher Kampagnen gegeben, zudem werben Prominente als Saarland-Botschafter für das Land. Hat das alles nichts gebracht?

Kramp-Karrenbauer: Doch, das hat schon etwas gebracht. Aber das neue Saarland-Marketing ist von besonderer Bedeutung für die Arbeitsplätze in diesem Land. Wir werden schneller als andere Bundesländer auf dem Arbeitsmarkt um gut ausgebildete Menschen kämpfen müssen. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung werden wir Zuwanderung brauchen. Dazu müssen wir das Saarland bekannt machen. Und das hat nichts damit zu tun, bunte Bildchen an die Autobahn zu stellen. Wir müssen für uns als Marke werben. Idealerweise treten die Saarländer dank dieses Marketings bald selbst als Botschafter dieser Marke auf.

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HintergrundMinisterpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (50) sieht in der Staatskanzlei einen Zukunftsort des Landes und hat sie deshalb als Ort für das Interview ausgewählt: "Hier werden die Pläne für die Zukunftsfähigkeit des Landes geschmiedet. Es wäre erschreckend, wenn es im Land zahlreiche Zukunftsorte gibt, nur die Staatskanzlei selbst wäre keiner." jos

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