Ende der unwürdigen Unterkunft"Der Imageschaden ist riesengroß"Arbeiter belasten Mittelsmann: Er übt durch Handlanger Druck aus

Nohfelden. Ein ständiger Gewerkschaftssitz soll auf der Ferienpark-Großbaustelle am Bostalsee eingerichtet werden. Dafür will sich St. Wendels Landrat Udo Recktenwald (CDU) einsetzen. Das soll erneuten Ungereimtheiten im Umgang mit Bauarbeitern vorbeugen, so Recktenwald

 Bisher müssen die meisten rumänischen Arbeiter in ihren unmöblierten Unterkünften in Nohfelden auf Styroporplatten übernachten. Fotos: Bonenberger & Klos

Bisher müssen die meisten rumänischen Arbeiter in ihren unmöblierten Unterkünften in Nohfelden auf Styroporplatten übernachten. Fotos: Bonenberger & Klos

Nohfelden. Ein ständiger Gewerkschaftssitz soll auf der Ferienpark-Großbaustelle am Bostalsee eingerichtet werden. Dafür will sich St. Wendels Landrat Udo Recktenwald (CDU) einsetzen. Das soll erneuten Ungereimtheiten im Umgang mit Bauarbeitern vorbeugen, so Recktenwald. Kein weiteres Mal sollen Arbeitnehmer ausgebeutet werden, indem ihr Lohn unterschlagen wird und Arbeiter dubiose Arbeitsverträge erhalten. Damit macht sich Recktenwald für eine Forderung der Industrie-Gewerkschaft Bau, Agrar und Umwelt (IG BAU) stark. Deren Vizechef Markus Andler verlangte solch eine ständige Präsenz bis zum Abschluss der Bauarbeiten Ende Juni. "Sollte es nochmals Schwierigkeiten geben, können wir sofort mit dem Generalunternehmer reden", sagte Andler gestern während eines Treffens mit dem Landrat und einer Delegation betroffener Rumänen, die seit Monaten kein Geld erhalten haben und in unmöblierten Unterkünften hausen.Auch Letzteres soll sich zügig ändern, wie Andler ankündigte. Demnach habe der für die Rumänen verantwortliche Generalunternehmer IETC zugesagt, die Unterkünfte zu inspizieren und, falls nötig, andere anzumieten. Bislang müssen viele Arbeiter in den Wohnungen auf dem Boden schlafen.

Die katholische Pfarreiengemeinschaft Bostalsee hatte am Wochenende spontan eine groß angelegte Sammelaktion gestartet, bei der laut Pfarrer Stefan End 2000 Euro zusammenkamen. Montag und Dienstag versorgten Gemeindemitglieder die Arbeiter mit Mahlzeiten. Im Nohfelder Rathaus gingen unterdessen unzählige Spendenangebote ein. Eine Frauenärztin bot zudem an, die hochschwangere Frau eines Arbeiters kostenlos zu behandeln.

Des Weiteren ist vorgesehen, im Nohfelder Rathaus künftig Informationen in mehreren europäischen Sprachen für Gewerbeanmelder parat zu halten, um Scheinselbstständigkeiten zu verhindern, sagte Bürgermeister Andreas Veit (CDU).

Heute kommt die IG BAU mit dem Unternehmer IETC zusammen, um über die Auszahlung der ausstehenden Löhne zu verhandeln. Die Gewerkschaft hat für 16.30 Uhr zu einer Solidaritätskundgebung zugunsten der rumänischen Wanderarbeiter vor dem Wirtschaftsministerium in Saarbrücken aufgerufen. Nohfelden. Schwere Vorwürfe gegen den Unternehmer Roberto Firulescu erheben Rumänen, die auf der Baustelle des Ferienparks am Bostalsee seit Monaten kein Gehalt erhalten haben. Sie lasten ihm an, ihnen ihr Geld vorzuenthalten. Er sei als Mittelsmann für den Mainzer Subunternehmer Lins am Bau der Ferienhäuser dafür verantwortlich, Arbeitskräfte zu rekrutieren. Wie mehrere Betroffene übereinstimmend schildern, habe er sie bei ihrer Ankunft im Saarland nicht über die tatsächlichen Arbeitsbedingungen aufgeklärt und sie gedrängt, sich als Selbstständige bei der Gemeinde Nohfelden anzumelden. Außerdem beschimpfe er sie, wenn sie ihn auf ausstehenden Lohn ansprechen. Druck auf die Arbeiter übe er über "Handlanger" aus, die drohten, dass die Beschäftigten ohne Geld wieder in ihre Heimat müssen.

Gegenüber der SZ zeigte sich Firulescu zugeknöpft. Auf konkrete Vorwürfe ging er nicht ein. "Ich werde zu gegebener Zeit die Beweise bringen", sagte er. "Ich bin der Einzige, der die Wahrheit weiß. Ich bin kein Menschenhändler." Seinen Landsleuten unterstellte er, dass sie "nur jammern und keine Arbeit zu Ende bringen". Zu dem ausstehenden Lohn äußerte er sich nicht. hgn

Saarbrücken. Die Mitarbeiterin der Malerfirma Lins in Mainz hält "das, was da abläuft" für ungerecht und sorgt sich darum, ob ihr Chef "nachts überhaupt noch schlafen kann". Christopher Lins ist der Anfang der Kette, die bei den rumänischen "Nachunternehmern" am Bostalsee endet. Lins ruft nicht zurück. Er sollte uns erklären, wieso eine Mini-Firma wie seine mit fünf Angestellten auf die Idee kommt, sich für ein Millionenprojekt zu bewerben, für das es mindestens 70 Mitarbeiter braucht. Für Aufklärung sorgt Tobias Tebbel von IETC, dem Holzbau-Generalunternehmer, der Lins zum ersten Mal engagierte. IETC selbst hat für CenterParcs bereits vier Mal gearbeitet. "In der Baubranche ist es üblich, dass mit Subunternehmern gearbeitet wird. Die Firma Lins hat uns plausibel dargestellt, wie die Arbeiten über deutsche, aber auch ausländische Nachunternehmer zu realisieren sind und hat versichert, die Arbeiten unter Einhaltung des Arbeitsrechts sowie aller sozialen Verpflichtungen ausführen zu können", so Tebbel. Er lässt durchblicken, die Mainzer Firma habe nicht das erste Mal einen Großauftrag angenommen. Er betont, dass seine Firma bei der Vergabe von Aufträgen keineswegs nur dem Billigpreis-Modell folge, sondern auch soziale Kriterien anlege. Tebbel spricht von einem "riesengroßen Imageschaden": "Wir sind ein mittelständisches Unternehmen und nicht so groß, dass alles an uns abprallt." Die Betreiberfirma CenterParcs ist anscheinend gelassener. Sprecherin Sabine Huber erklärt, der Fokus liege "nicht auf der Vermeidung eines eventuellen Imageschadens", sondern auf der "schnellstmöglichen Problemlösung." An eine Trennung von IETC denke man nicht. Der Park müsse "pünktlich eröffnet" werden. Bei einer Neuausschreibung der Gewerke wäre der Starttermin 1. Juli nicht haltbar. ce Foto: Zimmermann

Hintergrund

 In diesen Ferienhäusern arbeiten die betroffenen Rumänen.

In diesen Ferienhäusern arbeiten die betroffenen Rumänen.

 RobertoFirulescu

RobertoFirulescu

Ob jemand scheinselbstständig ist, lässt sich anhand einiger Kriterien ermitteln: So sind Scheinselbstständige auf Dauer nur für einen Auftraggeber tätig. Außerdem müssen sie vorgegebene Arbeitszeiten einhalten. Als scheinselbstständig gilt auch, wer mehr als 83 Prozent seiner Einnahmen von einem einzigen Auftraggeber erhält und nicht als Unternehmer nach außen auftritt - das heißt, keine Werbung macht oder keine eigene Buchführung hat. Ausländische (Schein)selbstständige führen ihre Sozialabgaben in ihrem Heimatland ab. Sie fallen nicht unter den Bau-Mindestlohn und zahlen keine Berufsgenossenschafts-Beiträge. low

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