Der neue Bischof zeigt Kante

Trier. Als Dompropst Werner Rössel pünktlich zum Osterfest das Geheimnis lüftet und den Namen des neuen Trierer Bischofs bekannt gibt, brandet im Dom minutenlanger Beifall auf

Trier. Als Dompropst Werner Rössel pünktlich zum Osterfest das Geheimnis lüftet und den Namen des neuen Trierer Bischofs bekannt gibt, brandet im Dom minutenlanger Beifall auf. "Unser Wunschkandidat", sagen viele Gläubige und Pfarrer, als sie erfahren, wer dem Bistum Trier demnächst vorsteht: Weihbischof Stephan Ackermann, ein Eigengewächs und ein außerordentlich beliebter Priester obendrein.Der 46-Jährige ist noch nicht als Nachfolger des ins Erzbistum München und Freising beförderten Reinhard Marx eingeführt, da ist er schon mit Vorschusslorbeeren überhäuft. Sogar als "Obama des Bistums Trier" wird er bezeichnet.Doch kann sich ein Rückenwind schnell in einen frontal ins Gesicht blasenden Sturm drehen. Ackermann-Vorgänger Marx hat das etwa im Fall des Saarbrücker Professors Gotthold Hasenhüttl, der beim Ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003 auch evangelische Christen zur Kommunion eingeladen hatte, zu spüren bekommen. Nicht zuletzt auf Druck Roms entzog Marx dem Theologen die Lehr-Erlaubnis.Einen kleinen Fall Hasenhüttl bekommt gleich zu Beginn seiner Amtszeit auch Ackermann auf den Tisch. Es geht um den in Südafrika tätigen Bitburger Aids-Priester Stefan Hippler. Mit seiner öffentlich erhobenen Forderung, der Papst solle den Gebrauch von Kondomen endlich zulassen, ist der 49-Jährige in Rom mehrfach angeeckt. Die für Auslandseinsätze von Priestern zuständige Deutsche Bischofskonferenz gibt vor drei Monaten bekannt, Hipplers Ende September auslaufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern.Damit liegt der Schwarze Peter bei Hipplers Heimatbistum Trier. Die erste Bewährungsprobe für Bischof Stephan Ackermann, von dem konservative Katholiken erwarten, dass er mit dem widerspenstigen Priester ähnlich verfährt wie Marx mit Hasenhüttl.Doch der jüngste deutsche Diözesan-Bischof macht das genaue Gegenteil und zeigt damit das erste Mal Kante: Wie Ackermann kürzlich bestätigte, bleibt Stefan Hippler für mindestens fünf weitere Jahre in Südafrika und kümmert sich dort um Auf- und Ausbau von Hilfsprojekten für Aids-Infizierte. Eine mutige Entscheidung Ackermanns, für die er von anderen Bischöfen nicht nur Lob einheimsen dürfte.Dafür hat der 46-Jährige sein Profil geschärft. Wer sich in diesen Tagen mit Klerikern oder Mitarbeitern des Generalvikariats unterhält, findet kaum jemanden, der sich die Marx-Zeiten zurückwünscht. Der Umgangston sei besser geworden, heißt es, und der neue Bischof pflege einen kollegialeren Führungsstil als der alte. Klingt gut; aber auch auf Ackermann werden Entscheidungen zukommen, bei denen sich der Wind wieder drehen könnte.

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