Abschiebungen an der Härtefallkommission vorbei?

Saarbrücken · Das Verhältnis zwischen Einwanderern, die im Saarland leben, und Innenminister Klaus Bouillon (CDU) ist getrübt. Der Integrationsrat sagt, dass die Arbeit der Härtefallkommission ausgehebelt werde, wenn Bouillon vor einer Beratung abschieben lasse.

Der Umgang mit Asylbewerbern im Saarland sorgt für Streit zwischen der CDU /SPD-Landesregierung und dem Saarländischen Integrationsrat. Integrationsratschef Patrizio Maci erklärte am Freitag, seine Institution stelle vorübergehend die Mitarbeit in der Härtefallkommission ein. Die Härtefallkommission kümmert sich im gesetzlichen Auftrag um Menschen, denen nach einem abgelehnten Asylantrag die Abschiebung droht. In einem Schreiben an die Härtefallkommission und Saar-Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) kritisierte Maci, dass in den vergangenen Wochen vermehrt Ausländer, die sich an die Kommission gewandt haben, abgeschoben worden seien, bevor sich die Kommission mit ihren Eingaben befasst hatte. Maci bedauerte, dass so "die Härtefallkommission des Saarlandes ad absurdum geführt wird". Er könne sich nicht vorstellen, wie die Kommission ihre Aufgaben erfüllen könne, wenn die Antragsteller abgeschoben würden, ohne dass sich die Kommission mit deren Anliegen befasst habe. Maci sagte: "Bei so einem Vorgehen kann man nicht von einem fairen Verfahren sprechen". Maci kündigte an, dass er mit Bouillon Gespräche führen will, um eine Lösung zu finden.

Bouillon erklärte dazu auf SZ-Anfrage, dass Abschiebungen "stets auf Grundlage der bestehenden Rechtsordnung vollzogen" würden. Unabhängig davon setze er sich "weiterhin für eine klare Rückführungspolitik ein", betonte Bouillon . "Dies gilt erst recht im Rahmen von Rückführungen in EU-Staaten", sagte er. Im Jahr 2015 sei in zwei Fällen das Abschiebungsverfahren trotz Kenntnis eines Härtefallverfahrens weiterbetrieben worden, weil in beiden Fällen eine Abschiebung des Betroffenen bereits eingeleitet gewesen sei, teilte Bouillons Sprecherin Kathrin Thomas mit. Die Verfahrensweise sei rechtlich wasserdicht, hieß es. Aktuell sei für 2016 ein Fall bekannt, in dem die Abschiebung einer Familie erfolgt sei, die sich an die Härtefallkommission gewandt hatte. 2015 wurden 334 Ausländer aus dem Saarland abgeschoben, bis Ende April waren es 44 Personen, meist in die Balkanstaaten.

Die Vizechefin der Härtefallkommission Ikbal Berber (SPD ) bestätigte, es sei einige Male vorgekommen, dass Menschen abgeschoben wurden, bevor sich die Kommission mit den Anträgen befassen konnte. "Das ist kein erfreulicher Zustand", sagte Berber der SZ. Bisher habe es das "ungeschriebene Gesetz" gegeben, dass Saar-Innenminister Abschiebungen aussetzten, während die Kommission Anträge bearbeitete.

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