Rat steht hinter Pirmanns Rettungskurs

Zweibrücken · Im Stadtrat gibt es keine Kritik mehr daran, dass Oberbürgermeister Kurt Pirmann zum Abwenden der Schließung des Landgestüts den Ex-VTZ-Sportplatz bebauen lassen will. Das Gestüt brauche aber noch mehr Geld, betonte Pirmann.

 Noch sind Hürden bei der Abwendung einer Insolvenz des Landgestüts zu überwinden. So hofft die Stadt, dank ihrer neuen Anstrengungen, doch noch einen Teil ihres Sparkassen-Gewinns ins Gestüt fließen lassen zu dürfen. Foto: pma/voj

Noch sind Hürden bei der Abwendung einer Insolvenz des Landgestüts zu überwinden. So hofft die Stadt, dank ihrer neuen Anstrengungen, doch noch einen Teil ihres Sparkassen-Gewinns ins Gestüt fließen lassen zu dürfen. Foto: pma/voj

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Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD) hat gestern Abend im Stadtrat fraktionsübergreifend breite Unterstützung für seinen Kurs zur Rettung des Landgestüts Zweibrücken bekommen. Sprecher aller Fraktionen lobten seinen Einsatz sehr.

Pirmann stellte zunächst erneut sein Konzept vor, über das er vor einer Woche bei einer Pressekonferenz berichtet hatte. Grob zusammengefasst: Pirmann will "totes Kapital" des Landgestüts in "aktives Kapital" umwandeln, indem er den brachliegenden Ex-VTZ-Sportplatz für eine städtische Kita und private Wohnbebauung veräußert, in Kombination mit einem Grundstückspachtgeschäft in Rimschweiler sollen die Erlöse daraus dem Gestüt stetige Einnahmen bringen: 25- bis 30 000 Euro jährlich. Das alleine werde aber nicht reichen, um die 262 Jahre alte Einrichtung zu retten, machte Pirmann gestern deutlich. Denn in den vergangenen Jahren habe die Stadt zwar viel getan, um den Investitionsstau aufzulösen - es gebe aber immer noch viel zu tun. "Sie sollten mal hinter das Gebälk des Hauptgebäudes sehen: Da werden die 220 000 Euro, die das Gestüt noch hat, nicht reichen", nannte Pirmann, der als OB auch Stiftungsvorstand ist, ein Beispiel. Das Gestüt brauche also auch "Hilfe von außen". Gesprächspartner wie Land und Bezirksverband Pfalz hätten immer wieder signalisiert, dass eigene Zweibrücker Kraftanstrengungen wichtig seien. Die Entscheidung, ob Bezirksverbands-Chef Theo Wieder dem Gestüt helfe, "scheint nahezurücken", sagte Pirmann. Wenn, brauche der Bezirksverband auch Stimmrecht im Gestüt. Stadt, Pferdezüchter und Reitverein seien bereit, dafür Anteile abzugeben. Außerdem hofft Pirmann, mit einer zukunftsfähigen Konstruktion für das Landgestüt auch die Kommunalaufsichtsbehörde ADD davon überzeugen zu können, "eine gewisse Summe jährlich aus der Sparkassen-Gewinnausschüttung" für das Gestüt verwenden zu dürfen. Bis die ADD dies 2015 untersagte, hatte dem Gestüt dies jährlich etwa 250 000 Euro eingebracht.

"Ich sehe keine andere Möglichkeit, das Gestüt zu retten", fasste Pirmann gestern zusammen. "Ich weiß, dass dieser Vorschlag nicht ideal ist. Aber wir haben zwei Möglichkeiten: ein Gestüt und einen halben Sportplatz oder kein Gestüt und einen Sportplatz, den keiner mehr braucht." Bislang habe auch niemand einen besseren Vorschlag gemacht. Parallel arbeite man auf Druck der ADD gerade an der europaweiten Ausschreibung des Landgestüts.

Pirmann kritisierte die Entscheidung seines Vorgängers als OB und Stiftungsvorstand, Helmut Reichling (parteiunabhängig), dem Land das Gestüt 2007/08 abzukaufen: "Wenn ein Land diese Defizite nicht abdecken kann, kann es eine hoch verschuldete Stadt erst recht nicht!" Und es sei "hanebüchen" gewesen, "ohne Wert-Ermittlung und Zustandsprüfung das Gestüt zu kaufen", das er bei seinem Amtsantritt 2012 in schlimmem Zustand übernommen habe, mit "vielen falschen und überzogenen Sanierungsmaßnahmen", so Pirmann weiter.

Aus dem Stadtrat kamen gestern auch selbstkritische Stimmen. Dirk Schneider (SPD) sagte: "Auch wir wussten, was uns übertragen wird, wir kannten auch das Defizit. Uns Räten kann man den Vorwurf auch machen!" Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann sagte: "In der Vergangenheit sind viele, auch Teile des Rats, mit einer unglaublichen Naivität rangegangen, das Gestüt zu betreiben. Jeder hat gewusst, dass das Land sich nach zehn Jahren aus der Förderung herauszieht!" Diese jährlich 65 000 Euro fließen 2017 letztmals.

CDU-Fraktionschef Christoph Gensch sagte, er wisse nicht, was vor seiner Zeit ab 2014 im Rat war, gewinne aber schon seit einiger Zeit den Eindruck, dass die Stimmung herrsche: "Früher war alles katastrophal, heute ist alles richtig." Er könne sich "nicht vorstellen, dass das allein der frühere OB war", dies müsse man untersuchen und Verantwortlichkeiten klar benennen. "Dankbar" sei er, dass Pirmann "alles tut, um das Gestüt zu erhalten", denn alle im Rat seien sich einig: "Das Landgestüt ist identitätsstiftend für die Stadt der Rosen und der Rosse."

SPD-Fraktionschef Stéphane Moulin betonte, Erhalt der Zweibrücker Grünachse und des Landgestüts seien "kein Widerspruch". Denn links und rechts des Ex-Sportplatzes stünden mit Festhalle und Gestüt "ja imposante Gebäude, und der Platz ist nur grün, weil in letzter Zeit wenigstens ein bisschen Gras darüber gewachsen ist". FPD-Chefin Ingrid Kaiser (Mitinitiatorin der Bürgerinitiative zum Erhalt der Grünachse) übte gestern keine Kritik mehr, sondern dankte Pirmann nur "für die umfassende Information".

Auch die Linken lobten Pirmann. Bernhard Schneider fragte aber, wie es zusammenpasse, dass die Stadt sich entschulden müsse und dann noch ein Gestüt größtenteils finanziere, obwohl Reiter Menschen seien, "die sich ein solches Hobby leisten können". Moulin entgegnete, es gehe bei Pirmanns Modell "nicht um Zuschüsse der Stadt - sondern darum, im Vermögen der Gestütsstiftung totes in aktives Kapital umzuwandeln. Das Geld stünde also nicht für andere Dinge zur Verfügung!"

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