Honeckers frei erfundene Tagebücher

Zweibrücken · Im Jahr 1994 starb Erich Honecker in Santiago de Chile – das glaubt die Welt bis heute. In Wahrheit jedoch lebte der ehemalige Staatschef der DDR bis vor kurzem und verfasste zwischen 1994 bis 2015 seine Tagebücher. Von ihnen handelt das Hörbuch „Hier ist alles Banane“. Mancher nahm das alles zur Verblüffung der Autoren für bare Münze.

Was wäre, wenn ein despotischer Staatenlenker der Vergangenheit heute doch noch leben würde? Timur Vermes hat das bei "Er ist wieder da" mit Adolf Hitler durchgespielt und damit ein gleichsam lustig wie erschreckendes Werk geschaffen. Auch "Hier ist alles Banane" funktioniert ähnlich. Es geht von der Prämisse aus, dass der mächtigste Mann der DDR, Erich Honecker , seinen Tod 1994 nur vorgetäuscht, danach seine Gedanken und Betrachtungen zur Weltlage in ein Tagebuch gebannt hat. Wie bei "Er ist wieder da" der kongeniale Vorleser Christoph Maria Herbst ist es hier Reiner Kröhnert , der Erich Honeckers Stammlage und seine stockende Redeart unwiderstehlich nachahmt.

Besonders lustig ist das Werk, wann immer Weltgeschehen aus Honeckers Perspektive kommentiert wird, etwa als Helmut Kohl 1994 wiedergewählt wird und der gebürtige Wiebelskircher Honecker sich vor diesem Hintergrund darüber beschwert, dass Kohl ihm bei seinem Staatsbesuch im Westen Sauerbraten aufgetischt worden habe - "ein Affront!". Auch könne sich Honecker den Posten eines Staatschefs etwa in der Schweiz vorstellen. Dort sei Startkapital da, nur die Volksabstimmungen gelte es abzuschaffen.

Der Mensch Honecker ist in dem Werk auch ein doofer, sexuell-frustierter Macho. Einmal kapiert er nicht, dass seine Magenschmerzen vom bakterienverseuchten Leitungswasser kommen. Ein anderes Mal meckert er über seine Frau Margot, weil er zu stark schwitzt, wenn er ihr in der Hitze bei der Gartenarbeit zuschaut und sich über diese Zumutung echauffiert. Seine sexuellen Bedürfnisse versucht er durch eine Fotomontage mit Uschi Glas ‘ Konterfei zu befriedigen.

Das alles ist zwar in weiten Teilen lustig, doch manche Länge schleicht sich ein. Gemessen an "Er ist wieder da" rangiert dieses Werk eine Liga darunter. Für Verwirrung sorgte die Präsentation des Werkes, fehlt doch darauf ein Hinweis, dass es sich um frei Erfundenes, um Satire handelt. Denn natürlich ist der im Buch als Taxifahrer und Zufallsbekanntschaft der Honeckers eingeführte Herausgeber Jorge Nicolás Sanchez Rodriguez frei erfunden. Ebenso ist die komplette Handlung ausgedacht, und zwar vom Journalisten Ralf Heimann und dem Literaturagenten Daniel Wichmann. Sie zeigten sich ob der Reaktionen bei Facebook überrascht. Nachdem eine Reihe frustrierter Leser davon ausgegangen war, dass es sich wirklich um Honeckers Tagebücher handelte, stellte Heimann das Ganze in seinem Blog "Operation Harakiri" nochmal lesenswert dezidiert klar.

Hier ist alles Banane - Erich Honeckers geheime Tagebücher 1994 - 2015, 488 Minuten, ungekürzt, Hörbuch Hamburg, ISBN: 978-3-95713-046-4

operation-harakiri.de

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