Kolumne Die berühmten drei Worte oder: Erinnerungen an den ersten Tag

Heute nehmen die Abc-Schützen zum ersten Mal in der Schule Platz. An einem solchen Tag, dem ersten nach den Sommerferien, werden schon mal Erinnerungen wach – auch bei Merkur-Chefredakteur Michael Klein.

Kolumne: Die berühmten drei Worte oder: Erinnerungen an den ersten Tag
Foto: SZ/Baltes, Bernhard

Waren es drei einfache Worte oder waren es nur zwei Worte und eine Zahl? Im Nachhinein bin ich mir nicht mal mehr hundertprozentig sicher, und wo genau ich das Foto von vor fast 50 Jahren jetzt auf die Schnelle suchen oder besser finden könnte, weiß ich auch nicht.

Ich weiß nur noch, wie der Satz lautete: „Mein erster (oder halt wahlweise 1.) Schultag!“ Geschrieben stand er in allerfeinster Schreibschrift auf einer dekorativen Schiefertafel, neben der – ich stand. Weniger dekorativ. Ein Umstand, der sich auch heute noch auf den meisten bildlichen Zeugnissen manifestiert, die andere im inzwischen digitalen Zeitalter und selbst mit hochmodernster Technik von mir zaubern.

Der Fotograf, dessen Studio es schon seit Jahren nicht mehr gibt, hat dennoch ein bemerkenswertes Stillleben, auf dessen Vollendung man damals ja noch drei, vier Tage warten musste, aus dem ungleichen Duo Tafel und Mensch gemacht. In der Retrospektive bemerkenswert vermutlich auch wegen des schmerzensgeldwürdigen Haarschnitts des etwas indifferent dreinschauenden Erstklässlers. Den Haarschnitt gab es seinerzeit – und leider nicht nur für den ersten Schultag – im näheren familiären Umfeld mütterlicherseits gratis. Umsonst würde es auch treffen!

Ausblick: Die Frisur sollte zwei Jahre später beim selben Fotografen als wiederkehrende persönliche Note auch beim genauso leblosen Kommunionsfoto auftauchen: Die Zutaten dafür: Flackernde Kerze statt stummer Tafel, dazu still stehender, in sich gekehrter Mensch in dunklem, übergroßen Kommunionsanzug. Quasi verkannter Trendsetter in Sachen Schlabberlook!

Neuer Stil (weniger Haare, aber vernünftig frisiert) und Freude oder Lachen im Antlitz des Geknipsten kommen dann Jahrzehnte später beim Hochzeitsfoto eines anderen Kinematografen. Insider behaupten aber hartnäckig spöttelnd, für die neue Frische zeichne allein meine Frau verantwortlich.

Zurück zum ersten Schultag: Ich trug zur Feier des prägenden Ereignisses einen leuchtend hellblauen Pullover zu einer fröhlich farblos frischen grauen Stoffhose, die Hochwasser hatte. Was heute möglicherweise in und chic sein mag, damals aber blöd war. Umso blöder, dass die Erziehungsberechtigten den misslichen Umstand bedauerlicherweise nicht erkannten beziehungsweise ihn auch heute noch verneinend abstreiten. Sei‘s drum: Unter dem zeitlos modischen Unfall trug ich topmodische Schuhe der ausgehenden 60-er Jahre des letzten Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausends, bei deren bloßem Anblick sich den neuzeitlichen Sneakers noch heute die Schnürsenkel kräuseln würden.

Immerhin machte die Schultüte was her: Grün, mit gelben Punkten und gelbem Krepp-Papier am oberen Ende, welches konsequenterweise von einer gelben Schnur zugehalten wurde. Und drinnen waren Süßigkeiten satt...

Ja, so war mein erster Schultag im Sommer 1969.

Und dass ich den heute an dieser Stelle mit einem deutlichen innerlichen Lächeln noch mal in Erinnerung rufe – mir, und gerne auch Ihnen, die Sie es gerade lesen und jetzt blitzschnell auch Ihren ersten Schultag und die Erinnerungen daran vorm geistigen Auge haben – hat natürlich eine guten Grund. Oder besser sogar zwei: Eher zufällig durfte ich vor ganz wenigen Tagen eine sehr individuelle Führung im Ottweiler Schulmuseum genießen und feststellen, dass sich der Besuch dort immer wieder lohnt. Ganz einfach, weil zwischen all den dort liebevoll ausgestellten und arrangierten Exponaten so Vieles aus längst vergangenen Jahren wieder greifbar wird.

Der weitaus näherliegende Grund aber für den sehr persönlichen Rückblick: Die Ferien sind mit dem heutigen Montag rum, Lehrer und Schüler kehren mit Masse in die Schulen zurück. Oder starten heute wie etwa die Hälfte der gut 250 Schulneulinge ihre Laufbahn an einer der acht Grundschulen im Zweibrücker Stadtgebiet.

Für sie und für viele andere in Rheinland-Pfalz und im Saarland ist heute oder alternativ am morgigen Dienstag der erste Schultag. Ob endlich oder leider, das liegt im Auge des Betrachters. Und auch die Floskel vom Ernst des Lebens, der damit beginnt, will ich an dieser Stelle gar nicht erst quälend malträtieren. Da darf schon jeder seine eigenen Erfahrungen machen. Wir alle haben diese ja schließlich auch gemacht. In den langen Jahren der Schulzeit, die für die Erstklässler heute beginnt. Denen darf man, wie uns früher auch, durchaus einen guten Start wünschen. Und mehr noch: Viel Spaß und viel Erfolg!

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