Berauschender Auftakt: Klassik nah dran

Zweibrücken · Mit Klassik-Konzerten in Kneipen auch junge Leute anlocken: Dieses Experiment funktioniert, zeigte der Auftakt des neuen Zweibrücker Mini-Festivals.

 Johanna Ruppert, künstlerische Leiterin des neuen Festivals Klassik nah dran, beeindruckte zum Auftakt am Samstagabend im Erdgeschoss des Gasthaus Sutter auch als Violinistin. Fotos: Norbert Schwarz

Johanna Ruppert, künstlerische Leiterin des neuen Festivals Klassik nah dran, beeindruckte zum Auftakt am Samstagabend im Erdgeschoss des Gasthaus Sutter auch als Violinistin. Fotos: Norbert Schwarz

"Klassik nah dran" ist am Wochenende mit zwei gut besuchten Kneipen-Konzerten erfolgreich gestartet. Ziel des neuen Zweibrücker Festivals ist, abseits der ausgetretenen Konzertpfade insbesondere junge Menschen für klassische Musik zu begeistern.

Johanna Ruppert, Leiterin des kleinen Festivals und in Zweibrücken groß geworden, kann man jetzt schon gratulieren. Raus aus den großen, bekannten Konzertsälen, hin zu einem jungen Publikum, bei dem die Klassik zumindest auf den ersten Blick vielleicht nicht im Vordergrund steht. Musiker suchen ihr Publikum, damit die später vielleicht doch den Weg in die Konzertsäle finden. Das Erdgeschoss des Gasthauses Sutter war am Samstagabend die erste solche "Location". Schummriges Licht, farbige Strahler. 60 Zuhörer, viele von ihnen Heavy-Metal-Fans oder der Rockmusik, gaben sich mit noch Jüngeren im Schulalter ein Stelldichein. Das musikalische Sextett zu diesem Auftakt an einem Veranstaltungsort, wo wirklich überhaupt nichts an Konzertsaal erinnert: Die Violinistinnen Annemarie Birckner, Sophia Martinu, Johanna Ruppert, die Cellistin Ildiko Szabo, ihr männliches Pendant Hauke Siewertsen und Pianist Alexander Vorontsov. Doch nicht allein der Ort des Musizierens war ein außergewöhnlicher. Um die Spannung zu steigern, verteilte sich das Sextett im Raum. Ganz hinten links Alexander Vorontsov am Flügel, an den Seitenwänden Cellisten und Geigenspielerinnen, wobei Sophia Martinu mit dem Streichbogen in Tresennähe war. Trotz niedriger Decke war die Klangfülle eindringlich, klappte die Verständigung der Konzertierenden per Blickkontakt bestens, störet weder das hie und da vernehmbare Quietschen der schweren Eisentür oder das Klirren vornehmlich mit Gerstensaft gefüllter Gläser.

Zur Eröffnung gab's Robert Schumanns "Papillon" und Alexander Vorontsov am schwarzen Flügel. Nach Maurice Ravels Sonate für Violine und Cello, Claude Debussys Klaviertrio in G-Dur und Erich Wolfgang Korngolds Suite für zwei Violinen, Cello und Klavier, fand das mehr als einstündige Konzert mit Robert Schumanns Klavierquintett in Es-Dur seinen Abschluss.

An diesem Abend war die für Klassik-Musiker sonst übliche festliche Kleidung out, gespielt wurde in Bluse, Shirt und Jeans. Der Schlussapplaus war regelrecht frenetisch, die lautstark geforderte Zugabe erwiderte Johanna Ruppert mit dem Versprechen, am nächsten Morgen zur Frühstückszeit mit passenden Klängen im Café Pastis musikalisch verwöhnen zu wollen.

Ein Versprechen, das zwar in anderer Besetzung (ohne Pianist Alexander Vorontsovund Cellistin Ildiko Szabo), aber mit der gleichen Hingabe und Brillanz wie im Erdgeschoss voll und ganz eingelöst wurde. Auf das erneut gemischte Publikum wartete ein ganz außergewöhnliches Konzerterlebnis. Denn es wurden eben nicht nur klassische Werke von Schubert, Haydn, Mendelssohn-Bartholdy oder Ravel dargeboten - sondern auch Pop- und Filmmusik, Tango- und Klezmerklängen, die auch auf Violine und Cello restlos begeistern können, wie auch der tosende Schlussapplaus im vollbesetzten Café Pastis bewies. Die Bandbreite des Quartetts war großartig, der Funke sprang von Anfang an über. Das Publikum bestimmte die Vortragsfolge, allein Ludwig van Beethovens Streichquartett Nr. 11, f-Moll sollte zum Schluss für alle begeisterten Zuhörer erklingen und Johanna Ruppert, die nicht allein mit ihrem großartigen Violinenspiel beeindruckende Akzente zu setzen wusste, sondern gleichfalls viel Gespür für dieses imponierende Festival bewies, verriet auch warum: "Es ist unser Lieblingsstück". Der ausgewählte 4. Satz mit seinem Larghetto espressivo, Allegretto agitato und dem alles beschließenden Allegro hätte eindrucksvoller nicht sein können. Eine Zugabe des lange applaudierenden Publikums gab es auch.

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Noch zwei Konzerte folgen: Am Donnerstag, 30. März, 20 Uhr, gibt es im Irish Pub (Hofenfelsstraße 14) ein Schwarzlichtkonzert. Am Freitag, 31. März, 20 Uhr, gibt's Elektronic-Klassik-Minimal im Hobbit (Lammstraße 9). Weitere Infos: www.facebook.com/klassiknahdran

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